Die Angst ist zurück – und Schumi bald auch?
BUDAPEST - Der Horror-Unfall von Ferrari-Pilot Massa versetzt die Formel 1 in einen Schockzustand. Kehrt der Rekord-Champ jetzt ins Cockpit zurück?
Sie wähnten sich in Sicherheit. Seit 1994, seit dem tragischen Rennunfall von Ayrton Senna, ist in der Formel 1 schließlich kein Fahrer mehr ums Leben gekommen, seit Mika Häkkinens Horrorcrash 1995 in Adelaide hatte kein Pilot mehr im künstlichen Koma um Karriere und Leben bangen müssen. Die Formel 1 nach Senna war geprägt von Michael Schumacher. Es war eine Ära, in der die Formel 1 etwas langweiliger wurde, weil es kaum noch spektakuläre Überholmanöver gab – dafür aber sicherer, auch dank Schumacher und seinen Mühen.
Diesen Samstag kehrte die Angst zurück in die Formel 1.
Nur haarscharf schrammte die Vollgasszene an der Katastrophe vorbei – als in der Qualifikation Felipe Massa bei 285 Stundenkilometer von einer Stahlfeder am Helm getroffen wurde, völlig benommen fast ungebremst in einen Reifenstapel krachte, sich das Stirnbein brach und nur durch eine Notoperation mit dem Leben davonkam. Der Ferrari-Pilot liegt zur besseren Genesung im künstlichen Tiefschlaf, nach derzeitigem Stand wird er aber keine bleibenden Hirnverletzungen davontragen.
Massa, Vize-Weltmeister des vergangenen Jahres, hat Glück gehabt. Das wissen sie alle in der Vollgasszene. Sie reagierten verunsichert. „Ich dachte, dass wir das Ende solcher Dinge bereits erlebt haben. Es ist sehr beunruhigend“, sagte Bernie Ecclestone nach seinem Besuch an Massas Krankenbett. Auch die Rivalen und Kollegen zeigten sich bestürzt. „So etwas darf nicht passieren, da muss man sich etwas überlegen“, sagte etwa Nico Rosberg. „Ich hoffe, dass man eine Lösung finden kann, wie man unsere Köpfe noch besser schützt“, sagte BMW-Pilot Nick Heidfeld.
Schon hat eine Sicherheitsdebatte begonnen. Der Weltverband FIA reagierte prompt. Weil Renault-Pilot Fernando Alonso auf der Strecke einen falsch montierten Reifen verlor und nicht sofort anhielt, bekam er eine ungewöhnlich harte Strafe und wurde für das nächste Rennen gesperrt. Die Formel 1 merkt plötzlich ihre Verwundbarkeit, die Szene ist verunsichert – und ruft in dieser schweren Stunde nach ihrem Messias.
Massas Unfall lag gerade mal drei Stunden zurück, als im Fahrerlager schon Rufe nach Michael Schumacher laut wurden. Der siebenmalige Weltmeister und Ferrari-Berater sollte seinen Freund Massa im roten Renner vertreten. Willi Weber, Manager der mittlerweile 40 Jahre alten Motorsport-Lichtgestalt, bemühte sich sofort, Luft aus der Sache zu lassen. „Ein Comeback von Michael Schumacher kann ich nicht bestätigen", schrieb er per SMS an Reporter. Doch das, was Samstagnachmittag als wüste Spekulation im Windschatten des Massa-Schocks begonnen hatte, entwickelte sich im Laufe des Sonntags plötzlich mehr und mehr zu einer wirklichen Option.
„Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo sollte Schumacher anrufen", sagte Formel-1-Legende und RTL-Kommentator Niki Lauda, „es gibt niemanden, der Michaels Leistung nahe kommen kann. Ich habe darüber nachgedacht – und es gibt niemanden." Weber hatte zu diesem Zeitpunkt das Comeback von Schumacher, dessen Berater-Vertrag mit der Scuderia nach dieser Saison ausläuft, kategorisch ausgeschlossen. „Es wird kein Schumi-Comeback geben, definitiv nicht", sagte er. Ferrari habe in Luca Badoer und Marc Gene zwei sehr gute Testfahrer, die „nichts anderes tun, als darauf zu warten, sich ins Auto zu setzen, wenn es mal frei wird", so Weber.
Gleichzeitig wurden im Fahrerlager aus Schumachers Umfeld hinter der Hand gezielt Informationen gestreut, dass der Rekordweltmeister sehr wohl eine Option sei für Ferrari. Gerüchte, die ausgerechnet die Scuderia weiter befeuerte. „Wir haben zwei Testfahrer", sagte Ferrari-Sprecher Luca Colajanni und ergänzte auf Nachfrage: „Und dann haben wir noch einen, der bei uns Pilot war, das Team sehr gut kennt und uns ganz nahe steht.“ Schumi, der Retter in der Formel-1-Not.