Die älteste Europameisterin aller Zeiten

HEERENVEEN - "Eis-Oma" Claudia Pechstein triumphiert nit 36 Jahren bei der EM. "Nicht schlecht für eine alte Frau!"
Als ihre Traum-Gala zu Ende war, klatschten sich die deutschen Rivalinnen Freude ab und feierten mit 12 000 Fans eine Riesenparty: „Eis-Oma“ Claudia Pechstein hat ihr märchenhaftes Comeback in der Weltspitze am Sonntag mit ihrem dritten Titel bei Eisschnelllauf-Europameisterschaften gekrönt. Mit fast 37 Jahren avancierte sie damit zur ältesten Titelträgerin in der 39-jährigen EM-Geschichte. Bisher war die Niederländerin Atje Keulen-Deelstra mit 35 Jahren die „Oldie-Gewinnerin“. Das großartige Abschneiden der deutschen Eis-Ladys komplettierte die Erfurterin Daniela Anschütz- Thoms, die in Heerenveen als Zweite den 13. EM-Doppelerfolg deutscher Kufenflitzerinnen perfekt machte.
„Ich habe alles gegeben, denn ich wollte unbedingt mal in die Sieger-Kutsche“, meinte Pechstein schmunzelnd. „Vor diesen unglaublichen Zuschauern war das heute der blanke Wahnsinn. Nicht schlecht für eine alte Frau,“, gab sie sich euphorisch. Nach einer Durststrecke von drei Jahren ohne Titel war es Claudia Pechsteins 54. Medaille bei Olympia sowie Welt- und Europameisterschaften. Die Berlinerin ist damit die erfolgreichste Läuferin der Eisschnelllauf-Historie und lässt in dieser Wertung sogar Gunda Niemann-Stirnemann (43) und Anni Friesinger (38) hinter sich. Und einen weiteren Rekord verbuchte die fünffache Olympiasiegerin: Mit 17 Mal nahm so oft wie keine andere an EM teil und erkämpfte dabei ihr zehntes Edelmetall (3/5/2).
Anschütz-Thoms wiederholte mit Silber ihr bestes EM-Ergebnis: 2005 war sie schon einmal hinter Anni Friesinger, die kommende Woche bei der Sprint-WM in Moskau startet, Zweite geworden. Die Grundlagen zu ihrem phänomenalen Triumphzug hatten die beiden Deutschen bereits am Samstag gelegt. „Am meisten Freude ich mich, dass ich nach den 500 Metern der Konkurrenz nicht hinterherhecheln musste“, sagte die Berlinerin, nachdem sie auf der ungeliebten Sprintdistanz erstmals auf Platz zwei (39,74) eingekommen war. Über 3000 Meter lagen die beiden Deutschen ganz vorn und verwiesen die ärgsten Rivalinnen aus den Niederlanden in direkten Duellen in die Schranken.
Am Sonntag baute das zusammen mehr als 70 Jahre alte Duo über 1500 Meter die glänzende Ausgangsposition noch aus: Anschütz bestieg nach den 1500 Metern erstmals das höchste Siegerpodest auf einer Einzelstrecke und verwies in 1:57,21 Minuten Pechstein (1:57,72) im direkten Duell auf Rang zwei. „Da muss man so alt werden, um mal ganz oben zu stehen“, sagte sie danach strahlend. Über 5000 Meter brachten beide als Zweite bzw. Dritte hinter der Tschechin Martina Sablikova (6:53,19) den Doppelsieg routiniert nach Hause. „Sie wusste genau, was sie zu tun hatte. Ich ziehe den Hut: Es ist nicht leicht, mit 36 so ein Niveau zu halten“, lobte Pechsteins amerikanischer Coach Peter Mueller. Anschütz musste aber einen Moment zittern, da ihr nach einem Wechselfehler eine Disqualifikation drohte. Doch die Kampfrichter entschieden nicht auf Behinderung.
Lucille Opitz (Berlin/11.) und Stephanie Beckert (Erfurt/12.) sicherten zwei weitere WM-Plätze. Lange Gesichter gab es bei den Niederländerinnen: Weltmeisterin Paulien van Deutekom verpasste noch Bronze, Titelverteidigerin Ireen Wüst musste mit dem enttäuschenden sechsten Platz vorliebnehmen.