Der Vollgas-Schock: Ferrari will Formel 1 platzen lassen
Im Regel-Streit mit FIA–Boss Max Mosley fährt die Scuderia die größt möglichen Geschütze auf - und kündigen den Ausstieg an.
MARANELLO Ab sofort herrscht Krieg. Die Zeit der Diplomatie im schon seit Wochen schwelenden Streit zwischen den Rennställen und FIA-Boss Max Mosley ist endgültig vorbei.
Ferrari, der rumreichste und erfolgreichste Rennstall aller Zeiten, hat nun seinen Rückzug aus der Formel 1 angekündigt. „Wir werden uns für die nächste Saison nicht einschreiben“, kündigte die Scuderia nach einer Vorstandssitzung am Dienstag in Maranello an. „Wenn sich die Regeln für 2010 nicht grundlegend ändern, dann werden wir an der Saison 2010 nicht teilnehmen“, hieß es weiter.
Es ist die bislang konkreteste und härteste Ausstiegsdrohung, und das vom einzigen Rennstall, das seit 1950 ununterbrochen im Vollgaszirkus mitmischt. Gleichzeitig fährt die Scuderia mit dem springenden Pferdchen im Logo die größten vorstellbaren Geschütze auf. Nun droht ausgerechnet beim schillerndsten aller Rennen in Monte Carlo am 24. Mai eine lähmende und nervtötende Debatte um Politik und ein heftiges Gerangel um die Macht. Schließlich beginnt am 22. Mai die einwöchige Einschreibfrist für die nächste Saison. Sollte Mosley jetzt im Streit um die Regeln nicht einknicken, müsste sich Ferrari tatsächlich zurückziehen – und könnte damit eine Kettenreaktion in Gang setzen, an dessen Ende die Königsklasse des Motorsports implodieren würde.
Wieso streiten sich Teams und Mosley? Die FIA plant für 2010 die Einführung einer freiwilligen Budgetgrenze von rund 44 Millionen Euro ohne Fahrergehälter und Kosten fürs Marketing. Den Teams, die sich dafür entscheiden, will sie mehr Freiheiten in der Aerodynamik und beim Motor einräumen. Experten schätzen diesen Vorteil auf bis zu zwei Sekunden pro Runde – viel zu viel für die etablierten Rennställe. „Die Budgetgrenze von 45 Millionen Euro ist das Vernünftigste, was ich je in meinem Leben gehört habe. Alle Teams haben darum gebeten. Und jetzt ist Ferrari plötzlich dagegen. Das ist völlig bescheuert", sagte dagegen Formel-1-Legende Niki Lauda zu „Sportbild“.
In den nächsten Tagen soll es in London ein Gespräch der Teamvereinigung FOTA mit FIA-Präsident Max Mosley geben. Ferrari erhöht nun mit der Ausstiegsankündigung den Druck ins Unermessliche.
Wie halten es die anderen Rennställe? „Ein Parallel-Regelwerk ist für uns nicht akzeptabel“, hatte auch BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen schon gesagt. Toyota kündigte am Wochenende in Barcelona ebenfalls den Rückzug an. Sogar Red-Bull-Boss Didi Mateschitz sagte in den „Salzburger Nachrichten“: „Wenn die vorgeschlagenen Regeln so bleiben, nehmen wir im kommenden Jahr nicht an der Weltmeisterschaft teil. Und auch die Werke werden das nicht tun. Es blieben also vielleicht zwei, drei Teams.“ Renault-Teamchef Flavio Briatore sagte in der „Welt“: „Wir müssen verhindern, dass wer auch immer mit 20 oder 25 Millionen Euro pro Jahr ein Formel-1-Team betreiben kann. Wenn das ermöglicht wird, ist die Marke Formel 1, die in Jahrzehnten mühsam aufgebaut wurde, nichts mehr wert", sagte er, „das wäre so, als wenn sich auf einer exklusiven Einkaufstraße plötzlich Billigläden niederlassen. Das hohe Niveau würde erst dereguliert und am Ende komplett zerstört."
Wie reagiert die FIA auf Ferraris Ausstiegsankündigung? Zunächst gelassen: „Im Prinzip gibt es jetzt das schriftlich, was sie uns vorher schon mündlich mitgeteilt haben“, zitierte die Online-Seite von „auto-motor-und sport“ einen FIA-Sprecher. „Es wäre sehr, sehr schade Ferrari zu verlieren“, hatte Mosley schon Anfang Mai gesagt, zugleich aber auch betont: „Der Sport könnte auch ohne Ferrari überleben.“
Auf welcher Seite steht Chef-Promoter Bernie Ecclestone? Schwierig. Ecclestone war ein Befürworter für die Sparwelle und das Parallel-Regelwerk. Gleichzeitig sagte er aber auch: „Die Formel 1 kann nicht ohne Ferrari. Und Ferrari kann nicht ohne die Formel 1.“ Wahrscheinlich würde er sich jetzt, um eine weitere Eskalation zu verhindern, auf die Seite der Rennställe schlagen. Schließlich will er seine geliebte Formel 1 nicht verlieren.
Filippo Cataldo
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