Der Vater des WM-Erfolgs
John Button feiert gern. Sonntagnacht hatte er allen Grund dazu – bei der Titelsause seines Sohns. Da ließ sich auch der Formel-1-Champ anstecken: „Ein Gezeche, das ihr noch nie gesehen habt“
SAO PAULO Ein Glas Rotwein genehmigte sich John Button Sonntagnachmittag in der Box von Brawn GP in Interlagos.
Nur ein Glas Rotwein, nicht eine Flasche, die John Button sonst braucht, wenn sein Sohn Jenson über die Rennstrecken dieser Welt rast. „Zur Beruhigung“, wie er stets gerne und ebenso breit grinsend erklärt.
Doch die Stunden, in denen Jenson sich in Sao Paulo in die Geschichtsbücher fahren könnte, wollte John nüchtern erleben – und unter dem Einfluss einiger Beruhigungspillen, wie er natürlich auch bereitwillig ausgeplaudert hatte.
Man kann von diesem sorglosen Umgang mit Alkohol und Medikamenten halten, was man will – aber immerhin ist dieser John Button ein ehrlicher Mensch. Einer, der eigentlich jeden im Fahrerlager mag und von allen gemocht wird. Ein ehemaliger (leidlich erfolgreicher) Rallye-Cross-Fahrer, der am liebsten rosafarbene, manchmal auch weiße, stets bis zum dritten Knopf geöffnete Hemden und goldene Armbänder trägt, in Monte Carlo wohnt und Ferrari fährt.
Früher verkaufte John Button in England Gebrauchtwagen, jetzt ist er der Vater des neuen Formel-1-Weltmeisters. Der Vater des Erfolgs. Seit fast zehn Jahren begleitet John seinen Sohn um die Welt. Er ist der wichtigste Vertraute des Champions, durchlebte zusammen mit Jenson all die vielen Tiefpunkte seiner Karriere, die Lästereien, dass Jenson zu wenig aus seinem Talent machen würde, die langen Wochen des Bangens, als der Sohn nach dem Honda-Rückzug im Winter arbeitslos war.
„Mein alter Herr hat immer an mich geglaubt“, sagte Jenson am Sonntag, „er war immer da, wenn es mir schlecht ging und hat mich immer wieder aufgerichtet.“ Klar, John Button liebt das süße Leben in der Formel 1, er kostet all die Verlockungen dieses stets irreal wirkenden Zirkusses voll aus. Doch für Jenson ist er vor allem der liebende Vater. Als Jenson am Sonntag endlich als Weltmeister über die Ziellinie fuhr, brach John in Tränen aus. Als Jenson später seinen Vater im Getümmel entdeckte, gab er ihm einen dicken Schmatzer auf die Wange.
Die geschäftlichen Dinge hat John stets anderen überlassen. Das unterscheidet John Button grundlegend von seinem Vorgänger als Weltmeister-Vater Anthony Hamilton, der gleichzeitig auch der ehrgeizige Manager des am Sonntag entthronten Weltmeisters Lewis Hamilton ist.
Hamiltons Titel gehörte auch Anthony, der dessen Karriere perfekt geplant hatte. Button senior würdigte am Sonntag nur die Leistung seines Sohnes. „Jetzt hat er Geschichte geschrieben“, sagte er. „Ich bin ein wenig dehydriert“, fügte er noch hinzu, ausgetrocknet, also. Durstig.
John Button stand der Sinn nach Champagner, Bier, Rotwein. Und nicht nur ihm. „Jetzt gibt es ein Gezeche, das ihr noch nie gesehen habt“, rief Jenson übermütig den Reportern zu, die an der Brawn-Box vorbeikamen.
Manchmal sind sich Vater und Sohn Button sehr ähnlich.
Die Sonne war schon untergegangen, als die Buttons ihre Siegesfeier von der Strecke ins Hotel verlegten. Und noch ein paar Stunden später zog man weiter in die Stadt – in die Produktionshallen einer brasilianischen Brauerei, die den Brawn-Rennstall seit kurzem sponsort. Bis zum frühen Morgen zechten die Buttons mit den Mechanikern, Ingenieuren und mit Teamchef Ross Brawn.
Nüchtern wird wohl niemand geblieben sein in dieser Nacht. Am allerwenigsten John Button.
Filippo Cataldo
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