Der Schattenmann

Muss Jogi Löw gehen, wenn sein Team heute gegen Österreich verliert? Matthias Sammer stünde als Nachfolger bereit.
von  Abendzeitung
Matthias Sammer
Matthias Sammer © dpa

TENERO - Muss Jogi Löw gehen, wenn sein Team heute gegen Österreich verliert? Matthias Sammer stünde als Nachfolger bereit.

Selten hat es einen Bundestrainer gegeben wie Joachim Löw. Einen anerkannten Fachmann, einen Fußball-Pädagogen, einen smarten, gut aussehenden Ankommer. Niemand würde singen: „Es gibt nur ein’ Jogi Löw!“ Niemand würde „Joooogi“ brüllen, wenn er ins Stadion kommt. Und es würde ihn auch keiner als Häuptling Britpop-Locke oder Sir Jogi betiteln. Löw ist beliebt. Löw ist anerkannt. Aber auch nur eine Niederlage vom Super-GAU entfernt, es droht „högschde Gefahr“, sollte es heute gegen Österreich schief gehen.

´84, 2000, 2004 – drei Mal scheiterte eine deutsche Nationalelf bereits in der Vorrunde einer EM. Jupp Derwall, ob seiner schlohweißen Haare als „Häuptling Silberlocke“ verspottet, musste 1984 im Anschluss an das Turnier in Frankreich gehen. Erich Ribbeck („Sir Erich“) nach der Katastrophe in Belgien/Holland 2000. Und vor vier Jahren trat Rudi Völler noch in der Nacht nach dem 1:2 gegen Tschechien zurück.

Es bräuchte keine TFK

Was also würde in der Nacht von Montag auf Dienstag passieren, sollte das DFB-Team heute tatsächlich verlieren? Wäre Löw nach der größtmöglichen Blamage gegen den Weltranglisten-92. noch tragbar? Würde er selbst, trotz laufenden Vertrags bis zur WM 2010, einen Schlussstrich ziehen? Auszuschließen ist das nicht.

Und eine hochnotpeinliche Trainerfindungskommission (TFK) wie einst nach Völlers Rücktritt, wäre diesmal kaum vonnöten. Denn den Schattenmann gibt es längst: Matthias Sammer konnte die sofortige Alternative sein. Erst kürzlich hatte der 40-Jährige seinen Vertrag als DFB-Sportdirektor bis 2013 verlängert. Er gilt als Vertrauter von Theo Zwanziger. Der DFB-Boss hatte den früheren Dortmunder Meistercoach im Frühjahr 2006 sogar gegen den Willen des vermeintlich allmächtigen Bundestrainers Jürgen Klinsmann durchgedrückt.

Beim DFB sind sie beim Thema Sammer offenbar mittlerweile sehr sensibel. Am Samstag hätte der Europameister von 1996 in Ascona auftauchen sollen – bei der Aktion „Fußball-Abzeichen“ von DFB und Sponsor McDonald’s auf dem Nationalmannschafts-Trainingsgelände in Tenero. Kurzfristig musste Sammer dann aber absagen. Die offizielle Begründung? Eine Entzündung der Augen. Aha.

Der Manager bestimmt mit

Löw witzelte die Frage nach dem Nachfolger unterdessen weg. „Wenn ich vor dem Spiel überlege, was ich bei einer Niederlage machen würde, wäre das so, als würde ein Autofahrer vorher überlegen, in welches Krankenhaus er bei einem Unfall geht.“ Er lächelte. Und das, obwohl er fachlich, was Verletzungen, Auswechslungen und Gegentore betrifft, gerne von einer „Wenn-dann-Strategie“ spricht. Also geht die Frage an Oliver Bierhoff, den Nationalelf-Manager: Was passiert im Fall der Fälle? In der „FAS“ sagte er: „Für mich gibt es keine Frage, dass Joachim Löw seinen Vertrag bis 2010 erfüllt. Ich als Manager bestimme laut meinem Vertrag ja mit über den Bundestrainer. Und unser Präsident hat bestätigt, dass Joachim Löw in jedem Fall bleibt.“ Zumindest bleiben dürfte. Wenn er denn dann überhaupt noch wollen würde.

Patrick Strasser

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