Der sanfte Riese

Lawrence Roberts ist bei den Bayern-Basketballern zu einem sehr wichtigen Spieler geworden – keiner pflückt so viele Rebounds wie er. Dabei ist der US-Profi sonst eigentlich eher ein scheuer Typ.
von  Julian Galinski
er Bamberger Andrew James Ogilvy (r) und der Münchner Lawrence Roberts kämpfen um den Ball.
er Bamberger Andrew James Ogilvy (r) und der Münchner Lawrence Roberts kämpfen um den Ball. © dpa

München - Für einen Mann, der 2,06 Meter groß ist, muskelbepackt und von Tattoos übersät, schafft Lawrence Roberts manchmal ein erstaunliches Kunststück: Er wird unsichtbar. Der US-Riese der Basketballer des FC Bayern ist auf dem Parkett ein sprunggewaltiger Athlet, abseits scheut er die Aufmerksamkeit.

Polarisiert haben in diese Saison andere: Aufbauspieler Tyrese Rice etwa oder Yotam Halperin, Kapitän der israelischen Nationalmannschaft, der die ganze Saison zum Auftauen brauchte. Roberts hingegen hat meist einfach seinen Job gemacht – und das oft sehr gut, in den Playoffs sogar noch besser. Auch dank seinem Spiel unter dem Korb sind die Bayern ins Halbfinale eingezogen.

Der 30-Jährige ist Bayerns bester Rebounder der Saison 2012/13, kein anderer Spieler hat ein derartiges Gespür dafür, wohin die Bälle vom Ring abspringen. Die anderen Großen in der Mannschaft wie Jan Jagla oder Jared Homan schauen oft nur zu, wenn Roberts sich schon in die Luft schraubt und sich den Ball weit über Korbhöhe packt. Sollte Trainer Svetislav Pesic sich nicht überraschenderweise entscheiden, den Kader völlig umzukrempeln, werden die Bayern auch in der kommenden Saison auf Roberts Athletik zählen können, sein Vertrag läuft bis 2014.

Lawrence Roberts, der sanfte Riese, hatte ein paar Monate gebraucht, um in München wirklich heimisch zu werden. In der Saisonvorbereitung plagte ihn, den Ex-Coach Dirk Bauermann als „Bombe” bezeichnet hatte eine Knieverletzung. Und die Sehnsucht: Nach seiner Familie. Seine Frau Kelli war hochschwanger, reiste erst mitte Dezember mit den neugeborenen Zwillingen Leighton und Kyle-Rose nach München. Roberts war endlich angekommen. „Die Stadt ist großartig und die Menschen hier sind sehr nett. Das ist ein toller Ort für Familien”, sagte er. Für den Tattoo-Freak war klar, dass er seine zwei Kinder festhalten würde. „Mir klar, dass auch eine passende Tätowierung her muss”, sagte Roberts, „ich trage Leighton und Kyle-Rose auf meinem linken Oberarm.”

Emotional gestärkt, erwischte Lawrence noch im Januar die fiebrige Grippe, die in der Mannschaft umging – und zwar am schlimmsten: Wegen Nierenproblemen verbrachte er Ende Januar zwei Tage im Krankenhaus. Die ganze Mannschaft wurde innerhalb von wenigen Wochen drastisch geschwächt, auch Svetislav Pesic lag tagelang flach. Während die anderen wieder genesen, traf Roberts im März der nächste Schock: Beim Versuch, einen Gegner zu blocken zog er sich eine Jochbogenfraktur zu – und spielt seitdem mit Maske. Nur fünf Tage nach der Operation am 19. März lief er schon wieder im Pokal-Final-Four auf.

Nach wie vor scheut er Interviews, wenn er spricht, dann leise, als wolle er sich niemandem aufdrängen. Basketball spielen und für die Familie da sein, das ist sein Ding, mehr braucht Lawrence Roberts nicht. Mit Pesic hat er einen Trainer gefunden, der weiß, dass man gerade die physisch imposanten Spieler oft sanft anfassen muss. Roberts hat es ihm mit einer grundsoliden Saison gedankt. 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.