Der Riesch-Rausch
Die Weltmeisterin wurde daheim in Garmisch-Partenkirchen begeistert empfangen. Doch vor dem Eintrag ins Goldene Buch hieß es: Wäsche waschen.
GARMISCH-PARTENKIRCHEN Kurz nach sechs am Abend zogen sie los. Vornedran die Partenkirchener Musikkapelle, dahinter die ganzen Vereine, die Schützenkompanie, der Turnverein, die Feuerwehr, und selbst die Hand voll alter Kameraden vom Krieger- und Veteranenverein marschierte noch tapfer mit. Es folgten die Kinder vom Skiclub und dann endlich die Kutsche mit der Weltmeisterin, die am Mohrenplatz loszog, gleich neben dem Schnapsladen vom Ostler Sepp. Garmisch-Partenkirchen war im Riesch-Rausch.
An die tausend Leute säumten die Fußgängerzone, weil sie ihre Maria feiern wollten, ihr Slalom-Gold von Val d’Isére. Ein Festtag nach Feierabend, einen halben Kilometer zog der Fiaker durch den Ort, und während es vorbei ging an der Spielbank, am Feinkostitaliener und am Café Krönner mit dem „Bravo Maria“-Plakat, erzählte Riesch der AZ von ihrem ersten Tag in der Heimat. Von der Fahrt nach Schliersee um halb 8 Uhr in der Früh, zu Physiotherapeut Max Merkel wegen der Nachwehen ihres Trainingssturzes, vom Kaffeeplausch bei Markus Anwander, ihrem alten Trainer, und dann vom Programm in der eigenen Wohnung. „Da hab’ ich erstmal Wäsche gewaschen“, sagte sie, „und ehrlich gesagt war das ganz schön, einfach mal kurz meine Ruhe zu haben.“ Mit der Ruhe war es wenige Minuten später vorbei, am Richard-Strauß-Platz, beim großen Empfang mit den üblichen Ehrungen.
Mit dem Eintrag ins Goldene Buch und der Verleihung der Bürgerplakette des Marktes durch Thomas Schmid, den Bürgermeister. Der ersten von vier Stufen in der Rangliste von Ehrungen in Garmisch-Partenkirchen vor der Ehrennadel, dem Ehrenring und zum Schluss als Krönung der Ehrenbürgerwürde. Dafür braucht es aber noch ein paar WM-Triumphe und Olympiasiege mehr. Dann gab es ein Präsent vom Skiclub, ein Gutschein für einen Juwelier am Ort. „Weil die Maria doch Schmuck so gern mag“, sagte Präsident Michi Maurer abseits der Scheinwerfer, während Riesch im Rampenlicht vom Landrat Harald Kühn gleich das nächste Gold überreicht bekam, die Ehrenmedaille vom Landkreis.
Marias Bruder Matthias zündete schließlich noch eine Konfettikanone, und Mama Monika meinte unten im Publikum, dass sie wohl erst nach der Saison dazukommen werden, alleine in der Familie zu feiern. „Bei der Oma mit Kasspatzn, die mag die Maria so gern.“ Momentan ist dafür keine Zeit, denn schon am heutigen Dienstag geht es für Maria Riesch weiter nach Tarvisio in Friaul zum nächsten Weltcup am Wochenende.
Gestern stand auch noch die Autofahrt nach Freimann an, ins TV-Studio von „Blickpunkt Sport“, aber so schnell kam Maria Riesch nicht davon. Pausenlos musste sie für die kleinen Fans Autogramme schreiben, auf Mützen und Mäntel, Schals und Schmierzettel.
Sie machte es geduldig, auch wenn ihr die vielen Kinder manchmal zu nahe rückten. Zwischendrin breitete Riesch einmal die Handflächen aus und sagte: „Bitte, bitte.“ Ein Flehen, das nicht erhört wurde. So stand die Weltmeisterin noch 20 Minuten lang, bis halb 8, in einem dichten Pulk, eng an eng mit Kindern, die aufgeregt mit ihren Stiften herumwedelten. Maria Riesch ertrug es tapfer.
Aber wer sie sah, konnte meinen, sie würde sich in diesem Moment doch eher nach Ruhe sehnen. Nach Wäschewaschen.
Florian Kinast
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