Der Letzte wird Zweiter

Aus der Klinik aufs Podest: Timo Glock, vor 14 Tagen in Hockenheim noch Crash-Pilot, fährt in Budapestsein bestes Rennen. Bei Toyota loben sie seinen Fleiß.
BUDAPEST Timo Glock wirkte ein wenig orientierungslos, als er gestern Nachmittag in der Bullen-Hitze von Budapest aus seinem Auto stieg.
Eben hatte der gelernte Gerüstbauer, nur zwei Wochen nach seinem schweren Unfall am Hockenheimring, mit seinem Toyota nach einer fehlerfreien Fahrt den zweiten Platz erobert. Es war die beste Platzierung des 26-Jährigen in der Formel 1. Doch dann hatte er den kurzen Weg aufs Siegerpodest nicht gefunden. Erst ein Helfer brachte ihn dann nach oben. Dorthin, wo Heikki Kovalainen schon stand und mit McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh über seinen ersten Sieg jubelte. Dort, wo Kimi Räikkönen, der aktuelle Weltmeister, der gestern Dritter wurde, völlig erledigt auf einer Couch saß und aus einer Trinkflasche Wasser trank.
Wenig später hatte auch Glock etwas getrunken. Champagner. „Ich kann es noch immer nicht wirklich glauben“, sagte Glock dann. In seiner Box stimmten seine Mechaniker lautstark „Viva Colonia“ an und tranken ein paar Kölsch. Das Toyota-Team hat seinen Sitz ja schließlich in Köln- Marsdorf. Und seit der Odenwälder Glock vor dieser Saison Ralf Schumacher abgelöst hat, herrscht dort ohnehin schon richtig gute Stimmung. „Timo verlässt das Werk immer erst als einer der Letzten“, sagt Toyotas Chefingenieur Dieter Gass, „er ist sehr beliebt bei uns.“ Der Letzte (bei der Arbeit) fuhr nun also sein bestes Rennen.
Da war sogar die Konkurrenz voll des Lobes. „Diesen zweiten Platz hat er sich verdient. Sein technisches Verständnis und seine Arbeitseinstellung bringen ihn voran“, sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. BMW-Boss Mario Theissen: „Das war eine Klasse-Vorstellung, das freut mich sehr für ihn."
Auch, weil zwischen dem schwierigsten und schönsten Moment seiner Karriere gerade einmal zwei Wochen lagen. Beim Heimrennen in Hockenheim krachte er wegen einer gebrochenen Spurstange an der linken Hinterachse seitlich rückwärts in die Betonmauer. Statt wie erhofft in den Punkten landete der 26 Jahre alte Odenwälder aus Wersau beim Großen Preis von Deutschland in der Klinik. „Nach dem schweren Unfall von Hockenheim war das die richtige Antwort“, sagte Glock gestern. Und ergänzte: „Das Auto war heute erstmals so, wie ich es liebe.“
Groß feiern konnte Glock gestern den größten Erfolg seiner Karriere aber nicht. „Durch das viele Trinken im Auto hat sich mein Magen wieder bemerkbar gemacht“, erklärte er. Glock hatte sich letzte Woche bei Testfahrten in Jerez den Magen verdorben. Der neue Hoffnungsträger hatte Durchfall. Zweiter wurde er aber trotzdem.
fil