Der kleine Prinz im Fürstentum
MONACO - „Ich glaube, es wird schwierig für mich, am Sonntag zu gewinnen“, sagt er, „aber wer weiß, mit ein bisschen Glück? Nico Rosberg wurde in Monaco groß. Beim Heimrennen will der Jungstar aufs Podest.
Gut, er ist in Wiesbaden geboren. Doch zu Hause ist Nico Rosberg überall dort, wo sich der internationale Jetset so aufhält. Unter anderem dort, wo er am Sonntag beim Grand Prix (14 Uhr, RTL und Premiere live) durch die Straßenschluchten rast – in Monte Carlo. 23 Jahre ist Rosberg alt. Er fährt im dritten Jahr in der Formel1. Siegchancen hat er unter normalen Umständen im Williams-Toyota nicht. „Ich glaube, es wird schwierig für mich, am Sonntag zu gewinnen“, sagt er, „aber wer weiß, mit ein bisschen Glück? Ein Podestplatz ist möglich, aber da muss alles passen.“
So baut er auf äußere Einflüsse: auf Regen, auf Gelbphasen, auf ein für Monaco typisches Chaosrennen. Denn wenn er schon nicht gewinnen kann in seiner Heimat, dann „will ich auf jeden Fall die BMW-Fahrer schlagen". Womit er tatsächlich weit vorne landen könnte, denn seine liebsten Rivalen Nick Heidfeld und Robert Kubica hoffen auf den ersten Sieg.
Königskind im Fahrerlager
Der heimliche Star der Formel1 ist der Sohn von Keke Rosberg, dem Weltmeister von 1982, ohnehin: blendendes Aussehen, gute Manieren, viersprachig, schlagfertig, sportlich, intelligent. Der junge Rosberg ist das Königskind im Fahrerlager. Im Fürstentum ist er der kleine Prinz. So ist er auch groß geworden.
Keke Rosberg hatte den kleinen Nico schon früh dabei. Ende der 90er Jahre, der Vater ist Manager des späteren Weltmeisters Mika Häkkinen, sitzt der blonde Bub mit im Fahrerlager, verfolgt – stets liebevoll vom Vater umsorgt – das Qualifying am Bildschirm. Ab 2000 beginnt Keke Rosberg mit dem Management des Sohnes. Aber eigentlich hat alles 1990 begonnen, als Vater Rosberg hinter seinem Ferienhaus auf Ibiza eine Kartbahn hat bauen lassen. Nico, sein einziges Kind, hat die Karts als Sechsjähriger entdeckt.
Die eigene Bahn hinterm Ferienhaus – nicht der einzige Luxus, der Nico vergönnt war. „Ich bin ja ein total verwöhnter Junge", gibt er zu. Er wuchs im Luxus auf: Wohnung in Monaco, Haus auf Ibiza, Landhaus bei Aix en Provence, internationale Schule. Dazwischen Ferien auf Ibiza. Und jeden Winter weiße Weihnacht in Seefeld.
Als er vor 15 Monaten zu Hause auszog, in ein 50-Quadratmeter-Apartment in Monaco, wunderte er sich über die Mieten: „Schweineteuer." Aber das macht nichts, denn erstmals verdient er in dieser Saison auch eine „Schweinekohle", wie er lachend zugibt. Angeblich rund acht Millionen Euro. Auf sich allein gestellt, fehlte ihm dennoch der Komfort: „Das war schon angenehm, sich um nichts kümmern zu müssen." Manchmal geht er nun selbst auf dem Markt einkaufen, um dann zu kochen. „Ich will ganz alltägliche Dinge lernen", sagt er. Sich erden. Dann lädt er seine Mutter Sina zum Essen ein.
Nicht alles nur Zucker
Doch es war nicht alles nur Zucker in Nicos Leben. Zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr ging es Woche für Woche auf die Kartbahn – mal in Frankreich, mal in Italien, mal bei 40 Grad im Schatten, mal bei Frost. Vater Keke chauffierte ihn per Wohnmobil. Wenn sie sonntagabends nach Hause kamen, sprintete der Bub an den Schreibtisch, machte Hausaufgaben. „Ich habe ihn oft nachts um eins da weggeholt und ins Bett geschickt“, sagt Keke Rosberg heute – und fragt sich: „Ich weiß nicht, woher er seinen Ehrgeiz hat. Von mir jedenfalls nicht. Ich musste ihn eher bremsen."
Der Weg führte ans Ziel. Heute fährt Rosberg junior mit dem eigenen Wohnmobil zum Rennen. Oder er fliegt nach London, um mit seinen Freunden („Alles Banker") zu feiern. Oder er besucht seine Freundin Vivian, die in Mailand Architektur studiert. Oder er zofft sich mit seinem Alten, obwohl der ihn seit Dezember nicht mehr managt.
Rosberg II soll seine eigenen Fehler machen. Aber der Senior weiß alles besser. Er gibt zu: „Ich kann meine Klappe nie halten.“ Doch der Sohn hat eine Strategie entwickelt, damit umzugehen. „Ich gebe ihm immer Recht“, sagt er, „damit kann er nichts anfangen."
Er ist eben schlau, der junge Rosberg. „Nico ist für sein Alter der reifste Fahrer, den ich kenne“, sagt sogar BMW-Motorsportchef Mario Theissen. Der Ritterschlag für den kleinen Prinzen.
Peter Hesseler
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