Der Herminator und der Kampf gegen den eigenen Körper

Österreichs Ski-Held Hermann Maier im Herbst seiner Karriere. Trotz schwerer Verletzungen - und einer Erkältung - zählt der 36-Jährige beim WM-Super-G zu den Favoriten.
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"Ein Grenzgänger als Sportler und als Mensch": Franz Klammer über Hermann Maier.
Bongarts/Getty Images "Ein Grenzgänger als Sportler und als Mensch": Franz Klammer über Hermann Maier.

VAL D'ISERE - Österreichs Ski-Held Hermann Maier im Herbst seiner Karriere. Trotz schwerer Verletzungen - und einer Erkältung - zählt der 36-Jährige beim WM-Super-G zu den Favoriten.

Die Ski-Nation Österreich nennt ihn bisweilen hingebungsvoll „Heiland“, und die Karriere von Hermann Maier ist in der Tat reich an Leidensgeschichten biblischen Ausmaßes. Furchtbare Stürze, schwere Verletzungen und ein Motorrad-Unfall, der ihn fast das Leben gekostet hätte: Maier hat nichts ausgelassen. Klar, dass der Österreicher auch bei der WM in Val d'Isere lädiert an den Start geht. Beim Super-G gehört der 36-Jährige am Mittwoch (11.00 Uhr/live in der ARD und bei Eurosport) trotzdem zu den Favoriten.

Zumal sich Maier, der "Herminator" diesmal „nur“ mit einer Erkältung herumplagt. „Die Verkühlung ist genau zur richtigen Zeit eingetroffen“, scherzt „Mister Super-G“ vor dem Rennen in seiner Spezialdisziplin. Doch das Lächeln weicht schnell einem ernsteren Blick: „Das ist schon schade. Der Formaufbau Richtung WM hätte genau gepasst.“

Dennoch: Wie kein zweiter Ski-Rennläufer hat Maier das Comeback nach unglaublichen Rückschlägen zu einer Kunst erhoben. 1998 gewann er nach einem der wildesten Stürze der Ski-Geschichte noch zweimal Olympia-Gold in Nagano, und auch nach der schweren Kollision mit dem deutschen Mercedes-Fahrer im Jahr 2001 kam er als Siegfahrer zurück. Doch dieser Verkehrsunfall hat Maier verändert.

Aus dem ebenso rücksichtslosen wie unbeliebten Draufgänger ist ein ausgeglichener Publikumsliebling geworden. „Früher bin ich ganz anders herumgeschwirrt. Da hatte ich nur das Podest im Kopf. Alles andere war eine Katastrophe. Jetzt sehe ich das lockerer“, sagt er. Manchmal kommen ihm trotzdem noch diese Gedanken. `Was wäre gewesen, wenn?", fragt er sich dann und gelangt zur Erkenntnis: „Wäre nicht dieser Germane dazwischengekommen, müsste sogar Ingemar Stenmark mit seinen 86 Weltcup-Siegen zu mir aufschauen. Dafür hätte ich ohne den Unfall längst aufgehört. So geht der Kampf für mich weiter.“

Für Maier ist dieser Kampf längst mehr als das ewige Duell mit der Ski-Konkurrenz. Seit fast acht Jahren kämpft er nun schon gegen den eigenen Körper. Gegen das rechte Sprunggelenk, das immer steifer wird. Gegen den nach sieben Jahren als Maurer und über zwölf Jahren als Hochleistungssportler ruinierten Rücken. Der „Herminator“ geht aus diesem Kampf immer seltener als Sieger hervor, doch unbändiger Wille und außergewöhnliches Talent bescheren ihm noch immer Erfolge.

Wie beim ersten Super-G der Saison Ende November in Lake Louise (USA), als er seinen 54. Sieg im Weltcup holte, obwohl er sich einen Monat zuvor einen Haarriss zwischen viertem und fünftem Lendenwirbel zugezogen hatte. Die österreichische Presse bejubelte anschließend „Maiers Auferstehung“ (Kurier) und das „neue Wunder“ (Krone) ihres „Heilands“. Ähnliche Großtaten werden von Maier bei der WM erhofft.

24-mal hat Maier im Weltcup einen Super-G gewonnen, genauso oft wie alle seine ernstzunehmenden Konkurrenten am Mittwoch zusammen. Fünf seiner zehn Medaillen bei Großereignissen gewann Maier in der zweitschnellsten alpinen Disziplin. Und die höchst anspruchsvolle „Face de Bellevarde“-Piste sollte ihm liegen, wie sein langjähriger Trainer Andi Evers betont. Wenn da nur diese Erkältung nicht wäre.

Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren wurde Maier in Vail erstmals Weltmeister – natürlich im Super-G. „Wenn es mein Körper hergäbe, würde ich wieder genau so riskant fahren wie damals. Im Gehirn wär's noch verankert“, sagt er, „aber in meinem Körper streikt leider etwas“. Doch Maier wäre nicht Maier, wenn er seinen Körper nicht ein letztes Mal bezwänge.

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