Der Held ist müde

Timo Boll hat die Tischtennis-Männer wieder zum EM-Gold geführt. Und das, obwohl er sein Einzel im Finale verlor. Anschließend gestand er, ziemlich ausgepowert zu sein.
von  Abendzeitung
Christian Suess (v.l.), Timo Boll und Bastian Steger mit dem EM-Pokal. Nach dem Finale gestand Superstar Boll allerdings, ziemlich ausgepowert zu sein.
Christian Suess (v.l.), Timo Boll und Bastian Steger mit dem EM-Pokal. Nach dem Finale gestand Superstar Boll allerdings, ziemlich ausgepowert zu sein. © dpa

ST. PETERSBURG - Timo Boll hat die Tischtennis-Männer wieder zum EM-Gold geführt. Und das, obwohl er sein Einzel im Finale verlor. Anschließend gestand er, ziemlich ausgepowert zu sein.

Sekt statt Selters – den ersten Teil seiner dreifachen Mission Titelverteidigung hat Timo Boll erfüllt. Mit einem Essen, einem Sektempfang und einer Einlage mit Oktoberfest-Musik in der Hotel-Bar feierten Deutschlands Tischtennis-Herren ihren zweiten EM-Titel. „Ein Prosit der Gemütlichkeit“, spielte die Kapelle, doch Gemütlichkeit ist für Boll in St. Petersburg nicht drin.

Im Vorjahr gewann der Weltranglisten-Siebte neben Team-Gold auch noch die EM-Titel im Einzel und im Doppel. Dieses Kunststück möchte er am Sonntag wiederholen. Ob es ihm gelingt, ist fraglich. „Jeder hat gesehen, dass Samsonow besser war. Ich muss mich gewaltig steigern und richtig pushen“, sagte der Titelverteidiger vor seinem ersten Einzelmatch an diesem Donnerstag.

Der Akku des 27 Jahre alten Linkshänders ist ziemlich leer. „Ich fühle mich müde“, gestand Boll. Zwei Niederlagen gegen Werner Schlager (Österreich) und Wladimir Samsonow (Weißrussland) kassierte er im Mannschafts-Wettbewerb. Dennoch gewann die DTTB-Auswahl als stärkstes Team verdient den Titel und hielt die Konkurrenz auf dem Kontinent in Schach. Eine bemerkenswerte Erkenntnis, die Bundestrainer Richard Prause stolz machte.

„Unsere Mannschaft kann nicht auf Timo Boll reduziert werden“, stellte der Coach fest. Sieben Wochen nach Platz zwei bei Olympia spielten die drei Düsseldorfer Silberjungs Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Christian Süß gut, aber nicht überragend. Das Trio wurde von Patrick Baum und vor allem von Olympia-Ersatzmann Bastian Steger (beide Frickenhausen) perfekt ergänzt.

„Bastian hat ein Extra-Lob verdient“, sagte Prause. Der Mann, der als Sparringspartner in Peking war, dort nicht im Olympischen Dorf wohnen durfte und mit dem Fahrrad zur Halle strampelte, hinterließ den frischesten Eindruck im deutschen Team. Prompt wurde Steger im Halbfinale gegen Österreich (3:2) und im Finale gegen Weißrussland (3:2) aufgestellt. „Dass der Trainer mir dieses Vertrauen schenkte, hat mein Selbstbewusstsein gestärkt“, sagte Steger.

„Mit dem Mannschaftstitel im Rücken lässt sich im Einzel einfacher spielen“, so Boll. Der nunmehr sechsmalige Europameister nahm sich zugleich in die Pflicht und erinnerte an Olympia, wo ihm die innere Spannung für den Individualwettbewerb etwas fehlte: „Ich darf nicht wie in Peking mit dem Erreichten zufrieden sein.“

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