Der Hackl Schorsch beginnt zu weinen
Die Rodel-Legende bricht das Interview mit abendzeitung.de ab – vor Freude wegen Felix Loch. Und aus Trauer um den Toten
AZ: Herr Hackl, Sie sind noch der erfolgreichste Rodler der Geschichte, doch jetzt droht Gefahr. Wenn Felix Loch so weitermacht, dann wird er Ihre Bestmarke sicher zumindest einstellen.
GEORG HACKL: Da hätte ich nichts dagegen. Den Grundstein dafür hat er gelegt. Wenn ich denke, dass ich bei meinem ersten Silber in Calgary schon 22 war, und der Bursch holt schon mit 20 Olympia-Gold, da können wir uns noch einiges erwarten. Ich finde das gewaltig, super, klasse. Ein würdiger Olympiasieger, auch wenn man die traurigen Voraussetzungen hier nicht vergessen darf.
Sie sprechen vom Tod des georgischen Rodlers Nodar Kumaritaschwili.
Ein Unglück, das es beim Rodeln noch nie gegeben hat. Und das ist so unendlich trautig, so schön der Tag heute ist.
Sie wirken extrem bewegt und gerührt.
Erst am Tag danach realisierst du, was gelaufen ist. Das ist ein gewaltiger Spagat der Gefühle. Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt... (Pause) ... tut mir leid.
Hackl bricht das Interview weinend ab, eine halbe Stunde später, als er die Fassung wieder gefunden hat, setzt er es fort.
Es muss für Felix Loch sehr schwer gewesen sein, diese Tragödie auszublenden.
Ja, aber er hat bewiesen, dass er auch damit umgehen kann. Das ist eine unglaubliche mentale Stärke. Der Bursche ist so locker drauf, der nimmt selbst schwierigste Bedingungen mit einer Leichtigkeit, dass es beeindruckend ist. Der Felix ist ein ganz pfundiger Kerl, ich kenne ihn ja schon sehr lange.
Vermutlich durch seinen Vater, der ja bayerischer Landestrainer am Königssee war.
Ja. Ich kann mich gut erinnern, wie er als Kind bei mir in der Schlittenwerkstatt stand, da hat er noch gar nicht über die Werkbank schauen können. Damals war er zwei Jahre alt, und da ist er dann auch groß geworden. Immer wieder war er da, hat mit Hammer und Säge gespielt.
Da war aber noch nicht zu ahnen, dass aus ihm mal Ihr legitimer Nachfolger wird.
Nein, als Bub war der Felix ja auch noch so klein und schmächtig. Aber irgendwann hat er dann zu wachsen begonnen und hat nicht mehr aufgehört. Dass ich ihn auf dem Weg zu diesem Erfolg hierher begleiten durfte, das macht mich sehr stolz.
So stolz wie Ihre eigenen Olympiasiege?
Mehr noch. Weil man das als Sportler selbst nicht so wahrnehmen kann, jetzt aus der Distanz sieht man das klarer.
Wäre er ohne Sie, Ihre Ratschläge und Ihre Hilfe, auch Olympiasieger geworden?
Ich denke, der Einfluss seines Vaters Norbert, dem jetzigen Bundestrainer, war viel größer. Schon möglich, dass er sich von mir auch das ein oder andere abgeschaut hat.
Wie viel Hackl steckt denn in Felix Loch?
Ich meide Parallelen. Der Felix ist ein Unikum. Immer freundlich, und wenn es klemmt und jemand Hilfe braucht, dann ist er der Erste, der auf der Matte steht. Menschlich ein Vorbild und sportlich auch. So wie es ihm gelingt, sich mental zu fokussieren, sich so dem Rodeln zu widmen, so wird er ein ganz Großer im Leistungssport. Ich würde mich Freude, wenn ich ihn noch eine Zeit lang weiter begleiten dürfte.
Gibt es noch etwas, was man an ihm weiterentwickeln könnte?
Da fällt mir im Moment nichts ein. Aber wir werden schon noch etwas finden.
Interview: Florian Kinast
- Themen:
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