Der Flieger geht pumpen

Severin Freund, Deutschlands bester Skispringer, bereitet sich in München auf die neue Saison und seine erste Olympia-Teilnahme vor. Die AZ hat ihn beim Sommertraining im Kraftraum besucht.
Julian Galinski |
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Im Winter schwebt Severin Freund durch die Luft - im Sommer stählt er seinen Körper an der Hantel.
dpa Im Winter schwebt Severin Freund durch die Luft - im Sommer stählt er seinen Körper an der Hantel.

München -  Die Eisen scheppern im Kraftraum in den Katakomben des Olympiastadions. Die Elite im Snowboardcross wuchtet riesige Gewichtscheiben durch die Gegend. Severin Freund legt gerade an seiner Langhantel Gewichte auf, ein Snowboarder scherzt: „Du biegst die Stange eh durch, oder?” Der filigrane Skispringer lacht.


Er braucht keine Muskelpakete. Im Gegenteil, die sind eher hinderlich, wenn es darum geht, zu fliegen. Das Training ist eine ständige Gratwanderung, einerseits die Explosivität zu verbessern, andererseits keine unnötige Masse zuzulegen. „Der Bezug zur Schanze ist bei den Übungen immer dabei”, sagt Freund. Er packt 70 Kilo auf eine Hantel, mehr als sein Körpergewicht (rund 67 kg verteilt auf 1,85 Meter), legt sie auf die Schultern, macht eine Kniebeuge und schleudert die Stange nach oben.

Dann fängt er sie mit den Schultern wieder ab. „Seit meinem Bandscheibenvorfall letztes Jahr habe ich mich im Kraftraum besonders gequält”, sagt Freund. „Ich bin stabiler geworden, das hat sich ausgezahlt.” Um die Koordination und Motorik zu schulen, geht er zwischendurch auch auf die Slackline.


Man sieht es dem 25-jährigen zwar erst beim zweiten Blick auf seine Oberschenkel an, aber das Sommertraining fernab der Schanze macht ihm sogar Freude. „Bis 14 war ich noch Kombinierer”, sagt Freund. „Im Wettkampf war das Langlaufen kein Problem, aber das Training war übel. Ich bin froh, dass es bei uns praktisch keine Ausdauereinheiten gibt.”


In der Saison 2012/13 wurde Freund Vierter im Gesamtweltcup, er ist derzeit Deutschlands Nummer eins. 2014 stehen die Olympischen Spiele in Sotschi an. „Meine ersten”, sagt Freund. „Das wird nicht einfach.” Denn Deutschland sehnt sich wieder nach einem großen Skispringer, das weiß er. „Ich will eine Einzelmedaille machen”, sagt er. „Wobei die Vierschanzentournee in der öffentlichen Wahrnehmung genausoviel wert ist.”


Freund nimmt einen Schluck aus seiner Wasserflasche, gerade hat er noch geplaudert, jetzt werden seine Augen kleiner, fokussierter. In Gedanken ist er wieder auf dem Schanzentisch. Er springt mehrmals auf der Stelle ab, sein Körper ist bis zum Zerreißen gespannt, die Sohlen klatschen auf den Boden.
Nach der Landung werden seine Gesichtszüge wieder weicher. „Mein großes Ziel ist es, den Gesamtweltcup zu gewinnen”, sagt Freund.

Ab und zu spielen sie mit der Mannschaft Fußball oder Volleyball zum Aufwärmen, aber im Grunde dreht sich sein Leben um den Anlauf, den Absprung, das Gleiten durch die Luft und die Landung. „Nach meiner Karriere möchte ich unbedingt Tennis ausprobieren”, sagt Freund. „das könnte meim Sport werden.”
Er lächelt und setzt wieder den Wettkampfblick auf. Der Flieger geht wieder pumpen, an die Langhantel. Für den Gesamtweltcup. Und die Medaille in Sotschi.

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