Der Fall Oscar Pistorius jährt sich: Was ist seitdem passiert?

Der Valentinstag 2013 begann tragisch: Der südafrikanische Läufer Oscar Pistorius tötete seine Freundin Reeva Steenkamp. Bald muss er sich dafür vor Gericht verantworten.
von  (kd/spot)

Pretoria – Vor genau einem Jahr wurde Südafrika von einer Tragödie erschüttert: Am frühen Morgen erschoss der Sprinter Oscar Pistorius (27, "Blade Runner") seine Freundin, das Model Reeva Steenkamp (1983-2013). Die drängendsten Fragen blieben seitdem offen: Wusste der mehrfache Paralympics-Sieger, dass seine Freundin im Badezimmer war, als er vier Mal durch die geschlossene Tür feuerte? Oder verwechselte er sie mit einem Einbrecher, wie er selbst behauptet? In wenigen Wochen beginnt der Mordprozess gegen den Spitzensportler, vielleicht kann er einige Antworten liefern.

Seine Sportkarriere schildert Oscar Pistorius in dem Buch "Blade Runner"

Angeklagt wurde Pistorius bereits am Tag der tödlichen Schüsse. Nach einer viertägigen Anhörung entschied ein Richter, ihn gegen eine Kaution von einer Million Rand freizulassen, da keine Fluchtgefahr bestehe. Am selben Tag wurde der Chefermittler im Fall Pistorius, Hilton Botha, abgelöst, da er wegen einer Schießerei im Jahr 2009 selbst mit einem Verfahren wegen versuchten Mordes rechnen musste. Botha gab in dem Fall ohnehin eine eher unglückliche Figur ab, er machte in der Anhörung widersprüchliche Aussagen zum Tathergang und musste schließlich zugeben, dass bei der Untersuchung des Tatorts geschlampt wurde. Die Ermittlungen übernahm Vineshkumar Moonoo, der als einer der Top-Polizisten Südafrikas gilt.

Am 19. August wurde Pistorius förmlich des Mordes sowie des illegalen Besitzes von Munition angeklagt. Der Prozess soll vom 3. bis 20. März stattfinden. Im Zuge des Verfahrens sollen auch zwei ausstehende Klagen wegen Abfeuerns von Schusswaffen in der Öffentlichkeit verhandelt werden. Unterdessen versuchen die Anwälte von Pistorius, sich noch vor der Verhandlung mit der Familie Steenkamps außergerichtlich auf Schadensersatzzahlungen zu einigen. Einen Einfluss auf den Mordprozess hätte eine Einigung jedoch nicht.

Bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes erwartet Pistorius eine lebenslange Haftstrafe, von der er mindestens 25 Jahre absitzen müsste, bevor er eine Chance auf Bewährung bekommt. Doch auch wenn sich das Gericht davon überzeugen lässt, dass es sich um eine Verwechslung handelte, drohen dem Sportler immer noch 15 Jahre Gefängnis: In der Klageschrift wird betont, dass es sich auf jeden Fall um Mord gehandelt habe, da Pistorius mit dem Vorsatz zu töten geschossen hatte - unabhängig davon, wen er tatsächlich hinter der Türe vermutete.

Dem Prozess wird erstmals auch Steenkamps Mutter June beiwohnen, wie die Familie in einer Presseerklärung mitteilte. Pistorius' bisherige Gerichtstermine hatte sie gemieden. Außerdem gab die Familie bekannt, dass sie nach dem Prozess zu Ehren Steenkamps eine Stiftung ins Leben rufen wolle, die sich dem Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt widmen soll - ein Anliegen, das Steenkamp zu Lebzeiten stets am Herzen lag. Der Tod Steenkamps hat in der südafrikanischen Gesellschaft für heftige Diskussionen gesorgt: über Gewalt gegen Frauen, die hohe Kriminalitätsrate des Landes, die Verbreitung von Schusswaffen.

Ein unvoreingenommener Blick auf Pistorius selbst ist kaum möglich: Vielen gilt er schon längst als Mörder, anderen als tragische Figur. Seine Sportkarriere liegt seit dem Drama auf Eis, doch seit Ende Juni trainiert er wieder. Das gebe ihm Kraft für den Prozess, hieß es in einer Pressemitteilung seiner Familie.

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