Der Druck des Favoriten

Im dritten Jahr soll’s der Titel sein – Hoeneß macht Druck. Doch die Bayern-Basketballer zeigen sich bisher noch gar nicht meisterlich.
München - Die Verantwortlichen bei den Basketballern des FC Bayern sind bemüht, keine Druckkulisse aufzubauen. „Druck entsteht durch Negativität, das spüren wir ganz sicher nicht. Was wir aber auf jeden Fall spüren, ist eine gewisse Anspannung und eine sehr große Vorfreude auf die Saison”, sagt Sportdirektor Marko Pesic. Sein Vater, Trainer Svetislav Pesic wird nicht müde zu betonen, dass die neuformierte Mannschaft erst zusammenfinden müsse – und das sicher eine Weile dauern werde.
Das letzte Wort hat aber, wie so oft, Präsident Uli Hoeneß. Und der stellt im „Kicker” den Anspruch des Vereins klar: „Der FC Bayern kann es sich nicht leisten, eine durchschnittliche Mannschaft zu unterhalten, die irgendwo im Mittelfeld rumturnt.”
Sieben Vorbereitungsspiele haben die Bayern bisher gegen europäische Erstligisten absolviert – sechs davon gingen verloren, das Jüngste am Sonntagabend mit 90:98 in Ulm. Ziemlich mau für eine Mannschaft, die im dritten BBL-Jahr des Vereins unbedingt die Meisterschaft holen soll. Und die zum Saisonstart sowohl auswärts (3. Oktober, Bonn) als auch zu Hause (6. Oktober, Bamberg, jeweils 17 Uhr) durchaus Herausforderungen zu bewältigen hat. „Wenn wir jetzt Punkte holen, sind die Ergebnisse aus den Testspielen nicht mehr von Relevanz. Was bringt's am Ende der Saison, Testspiele gewonnen zu haben?”, sagt Vizepräsident Rudolf Schels. Aber er weiß: „Auf uns warten zwei extrem schwere Spiele.” Vor allem für eine Mannschaft, die sich bisher noch so gar nicht meisterlich präsentiert.
Der Bayern-Kader gleicht einem 1000-Teile-Puzzle. Er verspricht ein Hochglanz-Werk – aber muss erst zusammengesetzt werden „Wir haben sicher unsere individuellen Stärken, aber es gibt zwei Punkte, an denen wir noch arbeiten müssen. Das ist zum einen das Zusammenspiel untereinander. Zweitens geht es um eine starke Verteidigung. Da brauchen wir noch Zeit”, sagt Marko Pesic. Dass die Bayern von Anfang an durch die BBL marschieren, ist unwahrscheinlich.Obwohl die öffentliche Wahrnehmung das von ihnen erwartet. Die Bayern werden von Tag eins in der Liga am Maßstab des Topfavoriten gemessen.
Zahlreiche Personalprobleme haben die Bayern zurückgeworfen. Malcolm Delaney brach sich die Nase, Bryce Taylor setzte mit muskulären Problemen Wochen aus, Deon Thompson brach sich die Hand, John Bryant musste erst sein Übergewicht abtrainieren – und Heiko Schaffartzik, Lucca Staiger, Robin Benzing sowie Nihad Djedovic stießen wegen ihrer EM-Einsätze erst spät zum Kader. Pesic bittet um Geduld: „Unsere Aufgabe ist es jetzt erst mal, dass wir gut arbeiten. Der zweite Schritt muss sein, dass die Mannschaft zusammenfindet. Das wird sicher noch eine Zeit in Anspruch nehmen.” Ein Appell an die Geduld der Fans – und des Präsidiums?
Der Start in der Euroleague stellt eine zusätzliche Herausforderung dar. Ab 18. Oktober messen sich die Bayern mit den besten Teams in Europa. Wie die Fans in München die Spiele, meist an Wochentagen, annehmen, bleibt abzuwarten. Der Sportdirektor sieht’s positiv: „Wir haben ein Team, das viel jünger ist als die Mannschaft des vergangenen Jahres”, sagt Pesic. „Es muss mehr spielen, um zu reifen.”
Aber die Marke FC Bayern fordert Erfolge – und Titel. Gerade weil sie durch die Erfolge der Fußballer derzeit heller strahlt denn je. Das gute Laune-Event Basketball ist nur dann richtig vermarktbar, wenn im Audi Dome auch Siege zu sehen sind. Bald. Eine Pleite gegen Meister Bamberg würde das Klima der ersten Saisonwochen maßgeblich prägen. „Früher oder später wird sich die Qualität der Mannschaft durchsetzen. Zumal wir einen der erfahrensten Trainer haben, den man kriegen kann”, sagt Rudolf Schels. „Ich hoffe nur, dass es nicht zu lange dauert.”