Der alte Nick kämpft um den Job
SILVERSTONE - Nick Heidfeld schwamm sich im Regenrennen von Silverstoner so richtig frei - und überrascht mit seinem zweiten Platz auch die BMW-Bosse. Motorsport-Chef Mario Theissen: „Ein Befreiungsschlag“
Ach, wenn es doch immer regnen würde in der Formel 1. Ach, wenn sich Nick Heidfeld immer so herrlich freischwimmen würde wie am Sonntag mit seinem couragiert herausgefahrenen zweiten Platz beim Regenrennen in Silverstone. Dann hätten wir immer unseren Spaß – und Nick Heidfeld hätte ein paar Probleme weniger.
„Das war ein perfektes Rennen von ihm“, lobte ihn Niki Lauda, die Formel- 1-Legende. „Nick hat wirklich alles richtig gemacht heute. Er ist sehr gut unterwegs gewesen, hat gewusst, wann er attackieren kann und wann er vorsichtig fahren muss“, lobte ihn Mario Theissen, sein Boss bei BMW.
Die schönsten Manöver des Rennens
Und mehr noch: Wie zu Beginn der Saison bot der zuletzt heftig unter Druck geratene BMW-Pilot beim Sieg des Lokalmatadors Lewis Hamilton die spektakulärsten und schönsten Manöver des Rennens. Der – bei leichtem Nieselregen – von Rang fünf ins Rennen gegangene Mönchengladbacher überholte in Runde 25 – bei schon stärkerem Nieselregen – innerhalb einer Runde mit Fernando Alonso und Timo Glock zwei Piloten auf einmal. Vier Runden später – mittlerweile schüttete es – gelang ihm das gleiche Kunststück mit Weltmeister Kimi Räikkönen und McLaren-Mann Heikki Kovalainen.
Je stärker der Regen wurde, desto stärker wurde Heidfeld – und rutschte als Einziger nicht einmal von der Strecke. „Das war ein Befreiungsschlag“, sagte BMW-Motorsportchef Mario Theissen. Und der kam zum genau richtigen Zeitpunkt. In den letzten Wochen war der Gegenwind bei BMW heftiger geworden gegen Heidfeld. Nach Kubicas Sieg in Montreal hatte BMW die Ziele für die nächste Saison korrigiert. Nächstes Jahr will Weiß-Blau um die WM mitfahren – und das scheinen dem 31-Jährigen einige nicht zuzutrauen.
Alternativen für die Heidfeld-Nachfolge
Bis zum Italien-GP am 14. September muss Heidfeld, wie die AZ erfuhr, stabil auf Kubica-Niveau fahren. Sonst will Theissen den Heidfeld-Vertrag nicht verlängern. Nach Alternativen umgesehen hat sich BMW ohnehin schon längst. Neben dem zweimaligen Weltmeister Fernando Alonso, der als Wunschkandidat des BMW-Vorstandes gilt und Toro-Rosso-Pilot Sebastian Vettel, der immer noch BMW-Repräsentant ist, werden im Fahrerlager auch Nico Rosberg, BMW-Tester Christian Klien und der in der Nachwuchsklasse GP 2 derzeit überragend fahrende Bruno Senna, der Neffe von Formel- 1-Legende Ayrton Senna, als Kandidaten für die Heidfeld- Nachfolge gehandelt.
Nach dem zweiten Rang in Silverstone kann Heidfeld wieder ein wenig aufatmen. „Nick ist wieder der Alte, schnell und völlig fehlerfrei unter schwierigsten Bedingungen“, sagte Theissen, als er nach dem Rennen gelöst und erleichtert sein erstes Feierabend- Weißbier genoss.
Und Heidfeld? „Ich muss mich weiter steigern“, sagt der nur. Da hat wohl niemand etwas dagegen.
F. Cataldo, P. Hesseler