„Der Ali des Motorsports“

Lewis Hamilton wird die Formel 1 auf Dauer dominieren. Ist er schon jetzt besser als Schumi?
MÜNCHEN Es schienen Rekorde für die Ewigkeit: 91 Siege in 249 Rennen, 1291 WM-Punkte und sieben WM-Titel holte Michael Schumacher in der Formel 1. Kein Fahrer hat die Neunziger und frühen 2000er Jahre so geprägt und dominiert wie der deutsche Rekordchampion. Doch spätestens seit Lewis Hamiltons dramatischen WM-Triumph in der allerletzten Kurve von Sao Paulo steht die Formel 1 vor einer neuen Ära. „Lewis hat das Zeug zum Sport-Idol“, sagt etwa Damon Hill, einst Schumachers Gegner auf der Rennstrecke und 1996 der letzte britische Weltmeister vor Hamilton. Und auch Schumacher traut dem 23-Jährigen zu, „dass er eines Tages meine Rekorde knacken kann“. Schließlich war Hamilton am Sonntag bei seinem ersten Titel mehr als zwei Jahre jünger als Schumacher 1994.
In einigen Bereichen hat Hamilton Schumacher sogar schon überholt. Die beiden Champions im Vergleich:
VERMÖGEN
Natürlich, eine eigene Insel kann sich Lewis Hamilton noch nicht leisten. Anders als Michael Schumacher, der eine eben solche vor der Küste Abu Dhabis besitzt. Dazu leistet er sich zwei Wolkenkratzer im Emirat. Schumachers Hauptwohnsitz ist am Genfer See. Dort wohnt er mit seiner Familie in einem riesigen Anwesen samt riesiger Villa, eigenem Hubschrauber-Landeplatz und eigener Kartbahn. Hamilton wohnt zwar ganz in der Nähe, aber ziemlich bescheiden in einem kleinen Häuschen. Außerdem sucht er gerade zusammen mit seiner Freundin Nicole Scherzinger ein Haus in London oder Los Angeles. Und auch der eigene Wolkenkratzer sollte bald kein Problem mehr sein für Hamilton – wenn die Prognosen britischer Finanz- und Werbeexperten nicht zu enthusiastisch sind. 100 Millionen Dollar soll Hamilton dank seines WM-Triumphes nächstes Jahr verdienen können. Vater und Berater Anthony handelte mit McLaren-Boss Ron Dennis sogar aus, dass Lewis Privatsponsoren haben darf. Das ist beim britischen Rennstall eigentlich absolut unmöglich. Hamilton würde so zum bestverdienenden Sportler der Welt werden – hinter seinem Freund Tiger Woods. Der Golf-Superstar kommt auf rund 120 bis 160 Millionen Dollar im Jahr. Schumacher verdiente in seinen besten Zeiten rund 50 Millionen Euro pro Jahr.
FAMILIE
Genauso wie Schumacher kommt Hamilton aus einfachen Verhältnissen. Vater Rolf Schumacher betrieb die Kerpener Kartbahn, Anthony hatte zeitweise drei Jobs, um die Karriere des Sohnes zu finanzieren. Heute ist er Lewis’ Manager. Wie Schumacher hat Hamilton einen Bruder. Anders als Ralf Schumacher wird Nicholas Hamilton aber nie versuchen, es seinem Bruder nachzumachen. Nicholas (17) leidet an Kinderlähmung, ist ist aber trotzdem bei fast jedem Rennen dabei und ist mit seinem freundlichen Wesen und seinem immer lachenden Gesicht ein bisschen zum Maskottchen und Liebling des gesamten Fahrerlagers geworden. „Ohne Nicholas wäre ich nichts“, sagt Lewis.
FRAUEN
Schumacher spannte einst seinem Rivalen Heinz-Harald Frentzen die Freundin aus. Corinna Betsch ist seit 13 Jahren mit ihm verheiratet. Sie haben zwei Kinder (Mick und Gina). Hamilton war auf dem besten Weg zum frauenfressenden Playboy, ehe er im Dezember 2007 in München bei den MTV-Video-Awards Nicole Scherzinger, die Frontfrau der Pop-Combo Pussycat Dolls kennen lernte. Seit Mai 2008 sind der smarte Brite und die schöne Sängerin offiziell ein Paar.
BEDEUTUNG FÜR DEN MOTORSPORT
Michael Schumacher war einst der erste Deutsche Formel-1-Weltmeister. Auch dank seiner Erfolge kehrten Mercedes und BMW zurück in die Königsklasse des Motorsports. Auch viele heutigen Formel-1-Sponsoren kommen aus Deutschland. Trotzdem sagt Formel-1-Chefpromoter Bernie Ecclestone über Hamilton: „Etwas besseres als Lewis hätte uns nicht passieren können.“ Hamilton ist der erste farbige Formel-1-Pilot, und er könnte der Fahrer sein, der die Formel 1 endgültig zur Lifestyle-Serie machen könnte. Einen Formel-1-Fahrer mit manikürten Fingernägel, feinen Manieren und so smarten lächeln hat es vor Hamilton nicht gegeben. Einen Piloten mit abgeschlossenem Literatur-Studium auch nicht. Michael Schumachers Finger waren eher kräftig, und gelernt hatte er KFZ-Mechaniker. „Lewis wird noch zehn Mal bekannter werden als jetzt. Vielleicht wird der Faktor sogar größer als zehn sein", sagt Damon Hill. Und mehr noch: „Lewis kann der Muhammad Ali des Motorsport werden. Ich bin sicher, dass Lewis den Ruhm erlangen wird, der ihn auch in die Herzen derer bringt, die sich nicht zwangsläufig für die Formel 1 interessieren.“
Filippo Cataldo, Peter Hesseler