„Dem hat jeder Mut gefehlt“

WBA-Mittelgewichts-Weltmeister Felix Sturm über Johnson und Klitschkos Aussichten: „Mit Haye ins Stadion“

AZ: Herr Sturm, der K.-o.-König Vitali Klitschko musste gegen Kevin Johnson über die Runden gehen. Auch sonst erfüllte das Duell nicht unbedingt die Erwartungen, oder?

FELIX STURM: Nein. Johnson wollte ja gar nicht kämpfen, der wollte nur überleben. Das war ganz schwach, dem hat jeder Mut gefehlt. Nur dann, wenn genug Leute dazwischen waren oder er weit genug entfernt war, hat er plötzlich den dicken Max gemacht. Wenn sie wissen, es kann ihnen nichts passieren, da werden viele plötzlich mutig. Ich hätte mich mehr Freude, etwas Mut im Kampf zu sehen. Es gab im ganzen Fight nicht ein Anzeichen, dass er gewinnen wollte. Er hatte vor dem Fighter Vitali viel zu viel Respekt, deswegen hat er versucht, das Beste für sich daraus zu machen. Das war aber leider nichts Boxerisches. Seine stärkste Leistung war allein die als Showman. Leider war es die einzige starke Leistung von ihm.

Auch Vitali offenbarte Schwächen. Er traf nicht und ließ sich sogar von Johnsons Aktionen provozieren.

Das kann ich sogar verstehen, dieses Getue nervt einfach über elf, zwölf Runden, da verliert man schon mal die Nerven. Ich denke, das war der unbequemste Gegner, den Vitali in seiner Karriere je hatte. Johnson hat nur seine kindischen Mätzchen gemacht. Nach diesem Kampf gibt es eigentlich nur eins: Abhaken und ganz schnell vergessen.

David Haye, der Weltmeister der WBA, ist ein noch viel größerer Provokateur als Johnson. Trauen Sie dem Briten zu, dass er einen der Klitschkos besiegt?

Eigentlich sind die Klitschkos zu gut, zu dominant und auch zu gute Athleten. Haye ist aber der einzige interessante Gegner zur Zeit. Er ist ein Großmaul, sieht gut aus, hat einen tollen Body und macht – im Gegensatz zu Johnson – eine gute Show. Mit Haye könnten die Klitschkos noch einmal ein Stadion füllen. Das können sie wohl mit keinem anderen Gegner mehr. Und Haye kann ihnen auch gefährlich werden.

Interview: Matthias Kerber