Davis Cup 2018: Boris Becker rechnet mit Team in Bestbesetzung

Ismaning - Als es eng wird, steht Boris Becker auf und geht. Auf der Anzeigetafel leuchtet ein 3:6, 5:6 – aus Sicht von Nicola Kuhn, dem 17-jährigen Talent, das für Spanien statt Deutschland spielt. Das will man beim Deutschen Tennisbund dringend ändern, auch deshalb ist Becker, seit 58 Tagen Head of Men's Tennis seines Heimatlandes, hier beim erstmals ausgetragenen ATP-Challenger-Turnier "Wolffkran Open" in Ismaning.
Dass Kuhn schließlich verliert, bekommt Becker nicht mehr mit. Sein eng getakteter Zeitplan schickt ihn nach Oberhaching: Besuch der Base, einem der Nachwuchs-Stützpunkte des DTB. Gekommen war die deutsche Tennis-Ikone direkt von daheim, aus Wimbledon. In Jeans, schwarzem Hemd, erdfarbenem Sakko, Sneaker. Schneidige Frisur, aufgeräumte Stimmung.
Ohne Gepäck, aber doch mit einem so bleischweren wie unsichtbaren Rucksack: Meldungen über Insolvenzen und immer neue Schuldenberge. Keine Überraschung also, dass es bei der Podiumsdiskussion zum Zustand des deutschen Tennis heißt: keine Fragen zur privaten Situation! Sondern: Tennis, bitte!
Boris Becker über..
..seinen neuen Job beim DTB: "Ich möchte in den nächsten Wochen die deutschen Stützpunkte besuchen. Mein Job beginnt jetzt erst. Die Leistungszentren für den Nachwuchs in Oberhaching, Hannover, Stuttgart und Kamen sind enorm wichtig für die Spieler. Wir sind aber noch anders aufgestellt als zum Beispiel Spanien."
...den Stellenwert seines Sports in Deutschland: "Man kann nicht ewig über die Zeiten von vor 20, 30 Jahren reden. Irgendwann sind die mal zu Ende. Wir haben tolle aktuelle Spieler in der absoluten Weltspitze, die es verdient haben, dass man über sie spricht. Und man spricht ja wieder über Tennis. Wir müssen neue Fans gewinnen und wieder die Faszination aufleben lassen."
...das Niveau der deutschen Spieler: "Acht unter den Top 100 – vor zwei Jahren waren es nur zwei. Das hat mir zuletzt auch etwas gefehlt: deutsche Spieler in der zweiten Woche eines Grand Slams. Das deutsche Tennis ist deutlich besser als sein Ruf. Wir sind heute ziemlich gut aufgestellt, auch gerade im Vergleich zu den anderen Top-Nationen. Es ist dank neuer und besserer Strukturen eine sehr positive Entwicklung zu sehen, die nun weiter geführt werden muss."
...die Teilnahme von Alexander Zverev in der nächsten Davis-Cup-Partie: "Die positive News ist, dass alle Spieler – inklusive Sascha – in der ersten Runde spielen wollen. Es kann natürlich immer etwas passieren, aber die Bereitschaft ist da. Das ist das Wichtigste."
...die Entwicklung Zverevs: "Er hat sehr beständig über das gesamte Jahr gespielt, er hat auf allen Belägen sehr stark gespielt, deshalb ist er zurecht bei der ATP-WM der besten acht Tennisprofis des Jahres. Das ist eine historische Leistung. Aber die Luft wird jetzt dünner. Die Spieler, die vor und hinter ihm stehen, studieren ihn jetzt auch und spielen gegen ihn besser als vielleicht noch vor einem Jahr."
...Zverevs Chancen auf die Weltranglistenspitze: "In die ersten Fünf zu kommen, ist schwierig – dort zu bleiben, ist doppelt schwierig. Die Nummer eins traue ich ihm auf jeden Fall zu. Aber das wollen viele andere auch. Natürlich kann er seine Grand-Slam-Bilanz noch verbessern, das weiß er auch. Es ist ein harter und steiniger Weg. Eine Garantie für die Nummer eins gibt es nicht."
...Angelique Kerber: "Ich kenne sie, mag sie sehr, sie ist eine tolle Sportlerin, eine Nummer eins gewesen, was man erst mal schaffen muss. Dass es dieses Jahr nicht so gelaufen ist, hat viele Gründe. Grundsätzlich gibt es da eine andere Spielerin, die in Las Vegas lebt, mit Kerber befreundet ist und auch schon mit ihr trainiert hat. Ich weiß nicht, was Angie bis zu den Australian Open macht, aber ich würde mir wünschen, dass sie mit Steffi Graf spricht."
...seinen 50. Geburtstag am 22. November: "Bisher war das eine sympathische Fragerunde. Aber jetzt werde ich damit konfrontiert, dass ich älter werde, und das ist ein Thema, worüber ich hier nicht sprechen möchte."
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