Das Trauer-Heimspiel: BMW und Mercedes chancenlos
Ausgerechnet vor dem Nürburgring-Rennen müssen die beiden deutschen Teams eine miese Halbzeitbilanz ziehen – und sehen zumindest kurzfristig keine Chance auf Besserung
NÜRBURG Allmählich scheint sich Norbert Haug ans ewige Hinterherfahren seiner Piloten gewöhnt zu haben. Die Silberpfeile sind dieses Jahr so schlecht geraten, dass auch eine Ausnahmeerscheinung am Lenkrad wie Weltmeister Lewis Hamilton nicht viel ausrichten kann. Vor dem neunten WM-Lauf ist Hamilton mit neun Punkten nur Elfter.
Dass die Silberpfeile beim beim Heimrennen am Sonntag am Nürburgring (14 Uhr, RTL und Sky live) aus der Krise fahren werden, scheint unmöglich. „2009 werden wir am Nürburgring leider nicht siegfähig sein“, sagt Haug. Es ist bemerkenswert, wie offen der Mercedes-Motorsportchef mit der Krise umgeht. Jeder, der den Schwaben ein wenig kennt, kann sich vorstellen, wie es in ihm brodeln muss.
Haug ist Siege gewohnt, das betont er auch bei jeder Gelegenheit. „Wir haben 2007 den letzten Grand Prix, der auf dem Nürburgring stattgefunden hat, gewonnen und wir haben auch im darauffolgenden Jahr den Grand Prix von Deutschland auf dem Hockenheimring gewonnen“, sagt er nun auch. Aber McLaren-Mercedes ist in der Krise, das kann er nicht ändern. Am Nürburgring droht ein Trauerheimrennen. Zumal er auch nicht sonderlich auf die in der Eifel durchaus üblichen Wetterkapriolen setzen kann. In Sebastian Vettel scheint die Szene schließlich einen neuen Regengott gefunden zu haben.
Das alles weiß Haug, abfinden wird er sich mit dem Mißerfolg aber nicht. Die bisherige Saisonleistung seines Teams sei „keinesfalls gut genug“, sagt er. Schließlich habe man seit 2006 „40 Prozent aller Rennen gewonnen.“ Die Hoffnung, dieses Jahr noch ein Rennen zu gewinnen, scheint er langsam aufzugeben. „Wir wollen uns deutlich steigern“, heißt jetzt seine Forderung.
Doch während sich Haug damit trösten kann, dass Jenson Button im Brawn-Team mit Mercedes-Motoren die WM anführt, kann sein Kollege, BMW-Motorsportchef Mario Theissen, noch nicht einmal das. BMW beliefert keine anderen Rennställe mit Motoren. Und das eigene Auto ist ähnlich schlecht geraten wie der McLaren. Wie die Silberpfeile haben die Münchner zu sehr auf das Energierückgewinnungssystem Kers gesetzt und dafür zu viele Kompromisse bei der Aerodynamik in Kauf nehmen müssen. Und obwohl BMW Kers längst ausgebaut hat und am Ring mit einem neuen Doppeldiffusor antritt, sind für Nick Heidfeld und Robert Kubica höchstens Plätze im Mittelfeld drin. Heidfeld wäre schon froh, wenn er ein paar Punkte abstauben könnte. „Niemand im Team ist mit der aktuellen Situation zufrieden“, sagt Theissen.
Der aus Monschau stammende Ingenieur gibt vor dem Eifelrennen, seinem persönlichen Heim-Grand-Prix, Durchhalteparolen aus: „Wir wollen am Ende der Saison sagen können: Es war eine enttäuschende erste Saisonhälfte, aber wir haben das Ding gedreht und den Anschluss an die Spitze wieder hergestellt“, meint er. Beim Trauerheimspiel am Ring wird das aber wohl noch nicht gelingen.
Filippo Cataldo