Das Tor zur Lebensqualität

Tim Borowski rettet das 1:1 in Florenz. Bayern ist damit fast weiter, Klinsi kann durchatmen
FLORENZ Mühsam war’s. Mühsam und zäh. Trotzdem können die Bayern nach dem 1:1 beim Champions-League-Spiel in Florenz ziemlich zufrieden zurück nach München kommen. Dank des Tores von Tim Borkowski in der 78. Minute („Ich steh im Moment goldrichtig“, siehe Seite 32) haben sich die Bayern gestern mit jetzt acht Punkten aus vier Spielen so gut wie für das Achtelfinale qualifiziert. Ein Pünktchen müssen sie jetzt aus den nächsten zwei Spielen gegen Bukarest und Lyon holen, dann überwintern sie in der Champions League.
„Wenn man damit ins Spiel geht, dass man nicht verlieren will, ist das 1:1 okay“, sagte Miroslav Klose. Und wie wichtig das Weiterkommen ist, erklärte Manager Uli Hoeneß schon vor dem Spiel. „Ich habe zu Jürgen eben schon in der Kabine gesagt: Damit würdest du Lebensqualität gewinnen für die nächsten sechs Wochen bis Weihnachten“, sagte er bei „Sat.1“, „und Lebensqualität ist was wichtiges.“
Vielleicht kann der Erfolg in der Champions League sogar noch für ein paar Wochen übertünchen, dass die Bayern ein ernsthaftes Problem in der Abwehr zu haben scheinen. Vor allem Abwehrboss Lucio, seit Wochen ohnehin schon eher formschwach, ließ seine Kollegen gestern laufend im Stich. Und weil Ze Roberto und Massimo Oddo eher damit beschäftigt waren, noch ein bisschen mehr Unordnung in den planlosen Spielaufbau der Bayern zu bringen, kamen Gilardino und Mutu, die zwei Stürmer der Fiorentina, vor allem in der ersten Halbzeit zu Chancen im Minutentakt.
Dabei war das Spielprinzip der Italiener noch nicht einmal sonderlich kreativ. Immer wieder suchten die Spieler mit exakt getimten Flanken die Köpfe der beiden Stürmer. Immer wieder ließen die Bayern diese Flanken und die daraus resultierenden Torschüsse zu. So wie in der zehnten Minute, als kein Bayer Luciano Zauri am Flanken gehindert, keiner Alberto Gilardino bei seiner Kopfball-Verlängerung bedrängt hatte und Lucio schließlich beim wuchtigen Treffer von Adrian Mutu einfach nur unbeteiligt daneben gestanden war. „In der ersten Hälfte hat das letzte Quentchen Entschlossenheit gefehlt“, gab Trainer Klinsmann zu.
tatsächlich war das Spiel fast eine Kopie des Hinspiels in München vor drei Wochen. Da waren die Italiener zu 23 Torschüssen gekommen, getroffen hatten sie aber nicht. Das taten damals dafür die Bayern, insgesamt drei Mal. Danach folgten drei Siege hintereinander in der Bundesliga und der Sprung auf Tabellenplatz drei.
Gestern dauerte es bis zur 22. Minute, ehe die Bayern zu ihrer ersten Strafraumszene kamen. Doch der total enttäuschende Lukas Podolski verstolperte den Ball so sehr, dass der nur an der Strafraumlinie entlang statt Richtung Tor schoss. In der zweiten Halbzeit erhöhten die Münchner den Druck. Das und der Treffer von Tim Borowski und bärenstarke Paraden von Michael Rensing reichten, um in ein fast verloren geglaubtes Spiel zurückzufinden. So langsam scheinen sie sich wirklich gefunden zu haben. „Wir sind sehr konkurrenzfähig“, befand Klinsmann. Nur Sat.1.-Kommentator Stefan Effenberg war nicht überzeugt: „Für den ganz großen Wurf reicht es so bei den Bayern nicht. Da glaube ich nicht dran.“ fil, ps