Das Schrott-Rennen
Der Crash war schlimm, keine Frage. Aber auch die Sekunden danach waren nicht schön: Während die anderen Unfallteilnehmer aus ihren demolierten Boliden krabbeln, regt sich Fernando Alonso überhaupt nicht. Auch nicht, als die ersten Helfer bei seinem Ferrari-Wrack ankommen. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit drückt er sich aus dem Wagen, steht auf, geht Richtung Box. Wenig später twittert er: „Ich bin okay und werde in Monza wieder angreifen.“ Alonsos WM-Führung schrumpfte nach dem Start-Ziel-Sieg von Jenson Button auf 24 Punkte, denn Sebastian Vettel rückte dank einer grandiosen Aufholjagd von Rang zehn auf zwei wieder ein gutes Stück näher an den Spanier heran.
Für Furore sorgte aus deutscher Sicht neben Vettel aber Nico Hülkenberg: Der Force-India-Pilot feierte als Vierter sein bestes Resultat. Auch Jubilar Michael Schumacher holte bei seinem 300. Grand Prix in seinem „Wohnzimmer“ in den Ardennen als Siebter wie erhofft Punkte, allerdings mit zuweilen gewagten Manövern: Einmal bog er mit rauchenden Reifen nach einem Verbremser noch vor Vettel in die Boxengasse ein. Der ausgebremste Doppel-Weltmeister meinte: „Er ist schon ein Fuchs, lässt einem nicht viel Platz. Aber es macht ja auch Spaß gegen ihn zu fahren. Es war aber keine böse Absicht von ihm.“
Absicht unterstellte auch Romain Grosjean niemand, aber dass der Franzose Schuld hatte am Crash nach nur wenigen Metern war unstrittig. Mit einer sinnlosen Attacke rempelte er Lewis Hamilton, beide Autos verhakten sich ineinander, und der Lotus des Franzosen flog über Alonsos Ferrari; auch Hamilton hob in seinem McLaren vom Boden ab. Für den WM-Spitzenreiter bedeutete der unverschuldete K.o. das erste Rennen ohne Punkte nach zuletzt 23 Grand Prix in den Punkterängen und einen herben Rückschlag im Titelrennen.
Hamilton, der das letzte Rennen vor der Sommerpause in Ungarn gewonnen hatte, musste seinen völlig lädierten McLaren ebenfalls frustriert abstellen und trug eine kleine Schramme am Bein davon. „Es war ein sehr kurzes Rennen für mich“, sagte Hamilton genervt und meinte zur Schuldfrage nur: „Jeder hat gesehen, was passiert ist.
Auch der als Vierter gestartet Mexikaner Sergio Perez wurde unschuldiges Opfer des spektakulären Unfalls. „Es war ein guter Start, dann krachte es“, sagte Grosjean später und flunkerte bei der Frage nach dem Schuldigen: „Ich habe die Bilder vom Start noch nicht gesehen.“ Dabei zeigten Fernsehbilder, wie er sich am Bildschirm seiner Techniker den Unfall ansah. RTL-Experte Nikki Lauda schimpfte über den schon öfter als Bruchpilot aufgefallenen Grosjean: „Nix hat er gelernt! Das ist unakzeptabel!“
Angesichts des spektakulären Crashs fand die imposante Aufholjagd Vettels kaum Beachtung. „Das war ein absolut verrücktes Rennen. Schon nach der ersten Kurve waren plötzlich so viele Autos weg“, sagte Vettel, „ein großartiges Rennen, wenn man bedenkt, wo ich beim Start gestanden habe. Nach dem Regen-Auftakt am Freitag war das ein wunderbares Happy End.“ Und mit Blick auf den Konkurrenten Alonso schickte der 25-Jährige gleich noch eine Kampfansage hinterher: „So kann es weitergehen. Jetzt Freude ich mich auf Monza am nächsten Sonntag.“