Das sagt Tennis-Profi Philipp Kohlschreiber im AZ-Interview

Philipp Kohlschreiber: Der 33-jährige Augsburger startet Anfang April als Titelverteidiger und Dreifach-Sieger in die BMW Open in München.
AZ: Herr Kohlschreiber, unlängst haben Sie einem gewissen Rafael Nadal die Höchststrafe verpasst: 6:0. Leider ging’s nicht ganz so gut weiter: Am Ende siegte doch wieder der Spanier...
PHILIPP KOHLSCHREIBER: Was soll man nach so einem Spiel sagen? Dieses 6:0 war wahrscheinlich der beste Satz, den ich je gespielt habe. Es hat mich schon auch gewundert, dass es so gut lief. Aber Nadal wäre nicht Nadal, wenn er nicht zurückkommen und sich steigern würde. Genau das ist passiert. Ich konnte mein Niveau nicht halten – das wäre auch unglaubwürdig gewesen, wenn es so weiter gegangen wäre. Leider muss man ja zwei Sätze gewinnen, und dazu hat es nicht ganz gereicht.
Wie beim 18:20 im Tiebreak gegen Andy Murray – nach sieben Matchbällen. Wie geht’s Ihnen nach so einem Spiel? Es ist ja ermutigend, dass man so nah dran ist, aber auch frustrierend, dass dieser letzte Punkt einfach nicht her will...
Natürlich tut das extrem weh. Man will sich immer für gute Leistungen belohnen, und das geht halt nur mit Siegen. Was danach geholfen hat, waren die extrem positiven Nachrichten. Viele sagten: "Danke für so einen Tennis-Moment!" An das Match werde ich mich noch lange positiv zurückerinnern, weil ich noch nie so eine Resonanz und Wertschätzung vom Publikum bekommen habe, auch von Murray, der mich in höchsten Tönen gelobt hat. Dadurch konnte ich die Niederlage schneller verarbeiten.
Nadal und vor allem Roger Federer erleben mit Mitte 30 gerade ihren zweiten Frühling. Auch Sie werden im Herbst 34. Wie viele Jahre auf der Tour spüren Sie noch in sich?
Klar stecke ich schwere Spiele nicht mehr so leicht weg wie früher. Aber ich habe noch viel Lust, Motivation und Energie. Das Positive überwiegt. Und ich habe noch viel Spaß daran, mein Spiel weiter zu entwickeln, aggressiver zu werden. Lieber verliere ich mal, weil ich zu aggressiv war, als schön, aber passiv zu spielen. Das hilft mir jeden Tag. Wenn mir langweilig wäre, wäre es wohl schon vorbei. Dass ich gegen die Großen noch so gut spiele, motiviert mich extrem.
Wie gut kennen Sie die Youngster?
Ich habe ein gutes Verhältnis zu Alexander Zverev und Dominic Thiem. Gegen die nächste Generation nicht nur Trainings-, sondern auch Wettkampfmatches zu haben, macht auch viel Spaß. Gegen die Zukunft nochmal zu gewinnen, ist natürlich doppelt und dreifach toll. Ich profitiere davon, dass die noch mehr Energie haben, und die profitieren von meiner Erfahrung und meinem Wissen, wie man so ein Turnierleben meistert, wenn einem mal die Decke auf den Kopf fällt, weil man viel unterwegs ist. Man hilft sich gegenseitig. Und die Jungen halt mich selbst jung.
Wie schwer ist es, sich nach all den Jahren nochmal weiterzuentwickeln?
Ich habe sicher viele Jahre gutes Tennis gespielt, glaube aber, dass da noch Luft nach oben ist. Ich bin ja ein sehr solider Typ, mit wenigen Ausreißern nach oben in der Rangliste, aber immer gut abgesichert. Wenn’s um die Börse geht, wäre ich ein ganz konservativer Typ. Ich will’s aber wieder nach oben schaffen. So ein Viertelfinale in Wimbledon wäre schon nochmal toll. Aber das geht halt nur, wenn man sich – mit Verlaub – bei den Eiern packt und sich aggressiv nach vorne peitscht: no risk, no fun! Im hohen Alter kann ich das mit einer gewissen Gelassenheit sagen.
Klingt so, als würden man Sie auch bei den BMW Open noch öfter sehen...
Ich hoffe! Das ist natürlich eine besondere Story für mich. Ich habe hier meine eigene kleine Geschichte geschrieben, drei meiner sieben ATP-Titel gewonnen. Bis ich 16 war, habe ich in der Jugend- und der Herrenmannschaft des MTTC Iphitos gespielt, mit Rene Niklisch und Tomas Nydahl. Einen Heimvorteil gibt es also schon. Aus meiner Sicht müssten hier halt noch mehr Turniere stattfinden.