Das muss bei den deutschen Handballern besser werden

Deutschlands Handballer reisen mit Sorgenfalten zur Hauptrunde nach Österreich. "Man sieht, das wir Defizite haben", sagt Coach Prokop, der drei Probleme lösen muss. Drei Aspekte, machen dagegen Mut.
von  Johannes Schnabl
Im bisherigen EM-Verlauf blieb die deutsche Mannschaft hinter den Erwartungen zurück.
Im bisherigen EM-Verlauf blieb die deutsche Mannschaft hinter den Erwartungen zurück. © Robert Michael/dpa-Zentralbild/dp

Wien - Ortswechsel. Neue Umgebung, neue Impulse. Manchmal soll das ja helfen. Mit ihrem Umzug vom Vorrundenort Trondheim in den Hauptrundenort Wien hoffen jedenfalls auch die deutschen Handballer auf einen kleinen Neuanfang.

"Wir sind alle relativ froh, dass wir in ein neues Umfeld kommen. Das kann uns vielleicht auch irgendwo ein bisschen beflügeln", sagte Rückraumspieler Julius Kühn, nachdem er und sein Team mit einem Zittersieg am Montagabend gerade so ein peinliches Vorrundenaus gegen Lettland (28:27) verhindert hatten.

Die Vorfreude auf die am Donnerstag gegen Weißrussland beginnende Hauptrunde wird allerdings von ernsten Sorgen getrübt. Bislang konnte das deutsche Team sein Leistungsvermögen nicht abrufen, für den angepeilten Sprung ins Halbfinale braucht es angesichts der aktuellen Verfassung viel Fantasie. "Man sieht, dass wir Defizite haben", gab Bundestrainer Christian Prokop zu.

Die AZ nennt die Baustellen des DHB-Teams und erklärt, warum es besser werden kann.

Was Sorgen macht:

Unsichere Torhüter: Vor dem Turnier galt die Torhüterposition als die große Stärke des Teams. Die routinierten Andreas Wolff und Jogi Bitter sollten ihren Vorderleuten die nötige Sicherheit geben. Nach der Rückrunde ist klar: Zwischen den Pfosten liegt das größte Problem.

Wolff bekam gegen Lettland nicht einen Ball an die Finger. Schon gegen Spanien (26:33) hatte der Keeper nur einen Wurf pariert. "Er hat sich mit Sicherheit einen anderen Job vorgestellt", sagte Prokop. Wie Wolff blieb auch Bitter gegen biedere Letten mit einer Fangquote von 19 Prozent blass. "Gefühlt war das alles ein bisschen verkrampft", sagte Bitter.

Löchrige Abwehr: 27,6 Tore kassierte das deutsche Team bislang im Schnitt – und das, obwohl mit den Niederlanden und Lettland international eher zweitklassige Mannschaften zu den Gegnern gehörten. Selbst Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler, die beim THW Kiel zusammen einen starken Mittelblock bilden, erlauben dem Gegner viel zu oft viel zu leichte Abschlüsse. "Wir haben es in diesem Turnier noch nicht geschafft, zu unserer Abwehr zu finden", räumte Pekeler am Montagabend ein.

Fehlende Ideen: Wie sehr die sieben Spieler-Absagen vor der EM wirklich schmerzen, wurde im Turnierverlauf offensichtlich. Den Deutschen fehlt ein Ideengeber im Rückraum, ein Paul Drux kann den verletzten Spielmacher Martin Strobel nicht ersetzen. Außenspielern wie Kapitän Uwe Gensheimer fehlen meist ordentliche Zuspiele. Als Mannschaft sei man "leider noch nicht so weit – zumindest in dieser Konstellation – wie wir uns das vorgestellt haben nach der Vorbereitung", sagte der Linksaußen.

Was Hoffnung macht:

Julius Kühn: Mit acht Treffern bei neun Versuchen gegen Lettland gilt der Rückraum-Shooter von der MT Melsungen als personifizierter Hoffnungsträger im deutschen Team. Zudem glänzte der 26-Jährige auch als guter Zuspieler. Hält er seine Form vom Montag, kann er in engen Hauptrundenspielen den Unterschied ausmachen.

Vorhandenes Potenzial: "Unsere Chance liegt im Steigerungspotenzial. Momentan sind wir nicht imstande, Kroatien oder Spanien zu schlagen, aber vielleicht in zwei Spielen", sagte Prokop. Da ist es gut, dass mit Weißrussland zunächst kein übermächtiger Gegner wartet. Am Samstag gegen Kroatien muss die Steigerung dann aber sichtbar sein.

Der Spielort: Die WM im vergangenen Jahr hat es gezeigt: Das deutsche Team ist mit dem eigenen Publikum im Rücken wesentlich stärker. "Wir haben alle gesehen, was da los war", meinte Kühn und freut sich deshalb auf die Hauptstadt Österreichs: "Wien ist natürlich ein Standort, wo viele Deutsche hinkommen werden." Auch Kollege Pekeler meinte: "Vielleicht hilft es uns, in Wien vor einer volleren Halle zu spielen. In Trondheim vor gefühlt 100 Leuten zu spielen, macht nicht sonderlich viel Spaß."

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