Das macht Neureuther so stark
Hier erklärt Slalom-Ass Frank Wörndl, was hinter den Erfolgen des Skifahrers steckt
AZ: Herr Wörndl, können Sie uns erklären, was mit Felix Neureuther und Fritz Dopfer los ist? Zwei deutsche Siegläufer in Slalom und Riesenslalom gab es noch nie. Warum sind die beiden heuer so gut?
FRANK WÖRNDL: Ganz einfach: Das ist die Arbeit, die Bundestrainer Charly Waibel seit Jahren macht. Man darf ja nicht nur den Felix und den Fritz sehen, sondern auch Philipp Schmid, Stefan Luitz und Dominik Stehle. Die haben auch Lob verdient und sind ähnlich gut. Außerdem ist der Felix ein sehr sozialer Mensch: Er braucht die Mannschaft! Die haben die letzten Jahre super gearbeitet, jetzt ernten sie die Früchte.
Eine Saison ohne Ausfall – das gab’s noch nie bei Neureuther. Kann man das erklären?
Mei, er hat ein bissl was umgestellt, ein bissl was mit dem Schuh probiert – und er hat aufgrund seines Bandscheibenvorfalls heuer weniger trainiert, ist vielleicht mit etwas weniger Erwartungshaltung in die Saison gegangen, hat sich selbst überrascht und Selbstvertrauen aufgebaut. Dann kommen noch die Erfolge im Riesenslalom dazu, die überraschend sind für ihn. Und die beflügeln ihn.
Also eine Kopf-Geschichte.
Wenn man sich das Rennen von Wengen anschaut: 30 Piloten, die fast das gleiche Niveau haben. Der Rest ist Kopfsache, dass man dann ganz vorne ist. Das ist immer so, in jedem Sport. Da muss einfach alles zusammen passen.
Erstaunlich auch, dass der Slalomspezialist Neureuther plötzlich im Riesenslalom vorn dabei ist und der Riesenslalomspezialist Dopfer im Slalom ums Podest mitfährt.
Dieses Phänomen hatte ich auch. Ich bin als Slalomfahrer mal im Riesenslalom von Alta Badia mitgefahren und mit Startnummer 50 Siebter geworden. In Adelboden wurde ich Fünfter mit Startnummer 55 – und dann zwei Jahre bester deutscher Riesenslalomfahrer, war besser als im Slalom. Nicht dass ich irgendeinen Schwung trainiert habe – das war nur das Selbstvertrauen. Bei der WM 1987 in Crans Montana wollte ich eigentlich den Riesenslalom-Titel gewinnen, hatte zuvor alle zersägt, im Rennen aber einen Fehler gemacht und bin Siebter geworden. Aus dieser Enttäuschung ist die Slalom-Goldmedaille entstanden! Der Felix ist in einer ähnlichen Situation: Der Riesenslalom nimmt ihm den Druck vom Slalom! Er hat jetzt zwei Auftritte, nicht nur dieses eine Rennen.
Seit dieser Saison gibt es im Weltcup neue, schwächer taillierte Ski. Haben Neureuther und Dopfer davon profitiert?
Sicher. Neue Ski-Taillierung heißt, dass sich alle umstellen müssen. Man fängt eigentlich wieder bei null an. Das gibt dir auch im Kopf wieder Hoffnung, dass Chancengleichheit da ist. Beide haben gutes Material – und gut und intensiv damit gearbeitet.
Neureuthers Sieg so kurz vor der WM in Schladming wird die Erwartungen steigen lassen. Kann er diesmal besser damit umgehen als bei der Heim-WM in Garmisch? Damals zog er sich komplett zurück – und scheiterte auf seinem geliebten Gudi-Berg.
Das Gute ist, dass er diese Erfahrung der Niederlage in Garmisch schon gemacht hat, und ich glaube, dass er daraus so viel gelernt hat und sich nun richtig vorbereiten wird. Der Sieg in Wengen hat übrigens damit zu tun, dass er in Adelboden in drei alte Kardinalfehler zurückgefallen ist.
Die da wären?
Im zweiten Durchgang hat er drei Fehler gemacht, die er oft gemacht hat: Er hat den Oberkörper verdreht. Daran hat er nochmal gearbeitet – und dann kommt Wengen raus! Jeder Fehler macht dich stärker.
Welche Rolle spielt eigentlich Papa Christian?
Er zieht die Fäden im Hintergrunf. Nach dem Desaster von Garmisch ist er mit Felix allein auf die Zugspitze, zum Tiefschneefahren – und eine Woche später in Bansko war er schon wieder Zweiter! Da hat der Vater wieder seine Moral aufgerichtet.
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