Das lange Warten

Wann ist denn nun beim FC Bayern die Handschrift des neuen Trainers erkennbar? Jürgen Klinsmann selbst glaubt, es könnte „ein, zwei Jahre“ dauern. Lange Zeit - schöne Aussichten.
von  Abendzeitung
Er wurde mit Applaus in der Allianz Arena begrüßt: Doch nach der Partie hatte Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann schlechte Nachrichten für die Fans.
Er wurde mit Applaus in der Allianz Arena begrüßt: Doch nach der Partie hatte Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann schlechte Nachrichten für die Fans. © az

Wann ist denn nun beim FC Bayern die Handschrift des neuen Trainers erkennbar? Jürgen Klinsmann selbst glaubt, es könnte „ein, zwei Jahre“ dauern. Lange Zeit - schöne Aussichten.

MÜNCHEN Auf dem Titelfoto ist zu sehen, wie Inter-Kapitän Javier Zanetti den unverschämt großen Franz-Beckenbauer-Pokal zu stemmen versucht und dabei mit entsetztem Blick aufschreit, weil ihm gleich der Deckel abhanden kommen wird. Drüber steht auf der Titelseite der italienischen „Gazzetta dello Sport“ in dicken Lettern: „Und das ist der erste Pokal von MOURINHO“.

1:0 hatte Inter beim FC Bayern gewonnen, José Mourinho, der neue Coach von Inter Mailand, nannte es „ein schönes Trainingsspiel“. Egal, in Italien zählen wie überall auf der Welt Ergebnisse und Pokale. Auf der Pressekonferenz holte sich der Portugiese den zweiten Sieg ab. Lässig und souverän beantwortete er alle Fragen der italienischen Journalisten – auf italienisch. Und das nach nur vier Wochen. Jürgen Klinsmann, sein Nebenmann auf dem Podium, lachte an einigen Stellen. Über den Humor und Sprachwitz von Mourinho. Als es um seine eigene Mannschaft ging, verfinsterte sich seine Miene.

„Es wird langsam etwas dünn“

Es war der Abschluss der ernsthaften Testspiele gegen Profi-Teams, und die Bilanz fällt relativ ernüchternd aus. Ein Sieg, das 4:2 in Japan gegen die Urawa Red Diamonds, ein Remis (0:0 in Köln) und zwei Niederlagen (1:2 in Dortmund und nun das 0:1 gegen Inter). Die Mannschaft ist längst nicht so weit, wie Klinsmann sich das vermutlich vorstellt, erschwerend hinzu kommt die Verletztenmisere. „Es wird langsam etwas dünn“, meinte der Coach gestern.

Schon seit längerem weist der 44-Jährige bei jeder Gelegenheit darauf hin, dass die eigentliche Vorbereitung noch längst nicht abgeschlossen sei. Aufgrund des verspäteten Einsteigens vieler EM-Fahrer und der damit unterschiedlichen Trainingsbelastung verlängere sich die Vorbereitung bis „Ende August, Anfang September“. Schon befürchtet auch Präsident Franz Beckenbauer: „Man wird auch Rückschläge einstecken müssen.“

Drohende Pleite im DFB-Pokal

Droht schon am Sonntag im DFB-Pokal in Erfurt der Verlust des ersten Titels, des ersten Saisonziels? Klinsmann sprach bereits von „einer enorm schwierigen Aufgabe“ und erinnerte daran, dass die Bayern vor einem Jahr in der ersten Runde bei Wacker Burghausen auch erst im Elfmeterschießen weitergekommen waren.

Es droht ein Stotterstart. Ein paar verlorene Punkte in der Bundesliga sind leicht aufzuholen, Niederlagen in der Gruppenphase der Champions League (ab Mitte September) können dagegen sehr schmerzhaft sein. Klinsmann bleibt nichts anderes übrig, als die Anhänger zu vertrösten. Er weiß: „Es zählen ab sofort nur Ergebnisse, es müssen Resultate eingefahren werden.“

Was ihm aber noch wichtiger ist: Seine Philosophie, seine erkennbare Handschrift. Doch auch darauf wird der Fan warten müssen. „Das wird Monate dauern, vielleicht auch ein, zwei Jahre.“ Er sei selbst gespannt, „wie das in ein paar Monaten ausschauen wird.“ Ob er die Zeit bekommt? Beim FC Bayern?

„Keine Titel zu holen, wäre ein Desaster.“ Sagte nicht Klinsmann. Es waren die Mourinhos Worte. Gilt aber für beide.

Patrick Strasser

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