Das Ende einer Sportart

ARD und ZDF steigen aus der Berichterstattung über die Tour de France aus. Eine gewaltige Lawine ist ins Rollen gekommen, die genauen Folgen für den Radsport sind noch nicht absehbar. Sicher ist jedoch: Das Profi-Radfahren geht in einem Sumpf von Doping unter.
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Der Radsport am Boden.
dpa Der Radsport am Boden.

ARD und ZDF steigen aus der Berichterstattung über die Tour de France aus. Eine gewaltige Lawine ist ins Rollen gekommen, die genauen Folgen für den Radsport sind noch nicht absehbar. Sicher ist jedoch: Das Profi-Radfahren geht in einem Sumpf von Doping unter.

Von Matthias Maus

Mutige Ausreißer und gewaltige Sprints, einsame Bergankünfte und die Mühen der Ebene – all das wird es nicht mehr geben. Nicht mehr für die Zuschauer im Ersten und im Zweiten: ARD und ZDF steigen aus der Berichterstattung über die Tour de France aus: Das ist praktisch der Todesstoß für eine Sportart. Der Radsport ist am Ende.

Seit Jahren stehen die Pedaleure, ihre Teams und Betreuer in der Kritik. Die jüngste Welle der Doping-Geständnisse und -Enthüllungen war dann zuviel. Erst der Deutsche Stefan Schumacher, dann der Österreicher Bernhard Kohl: die Gerolsteiner-Profis brachten das Fass zum überlaufen. „Der sportliche Wert der Tour de France hat sich aufgrund der gehäuften Dopingfälle erheblich reduziert. Damit ist auch der programmliche Wert stark gesunken“, sagte der ARD-Vorsitzende Fritz Raff nach einer Sitzung der Intendanten. Das ZDF zog zwei Stunden später nach.

Es ist eine schallende Ohrfeige für eine Branche, die seit Jahrzehnten im Ruch steht, systematisch zu dopen und damit zu betrügen.

Seit dem Tod des Briten Tom Simpson am Mont Ventoux vor 41 Jahren wird der Radsport den Ruf nicht mehr los, mit verbotenen Substanzen zu operieren. Simpson starb an einem Cocktail von Amphetaminen und Alkohol.

Fans und Öffentlichkeit verdrängten die Vorwürfe, vor allem, als Mitte der Neunziger der Stern von Telekom und Jan Ullrich aufging. Mit dem Toursieg Ullrichs 1997 erlebte die Sportart einen ungeheuren Boom. Die ARD war Cosponsor des siegreichen Teams in Magenta und strickte mit zahmen Interviews eifrig mit an der Legende des sauberen Radsports.

Kritische Fachleute glaubten daran nie. Und sie waren nicht überrascht, als fast die ganze Elite der Zunft irgendwann positiv getestet wurde. Helden wie Erik Zabel gestanden unter Tränen, Jan Ullrich bestreitet seine Verstrickung trotz erdrückender Indizien bis heute. Die überführten Profis Patrick Sinkewitz und Jörg Jaksche beschuldigten schließlich Team Telekom des systematischen Dopings. Telekom stieg aus dem Radsport aus.

Kaum ein Team, kaum ein Star, der nicht erwischt wurde. Der siebenfache Toursieger Lance Armstrong ist zwar praktisch überführt, leugnet aber bis heute. Wegen seiner überwundenen Krebserkrankung durfte er Medikamte zu sich nehmen, die anderen verbotenen sind.

Mit ihrem Schritt haben ARD und ZDF eine Lawine ausgelöst. Dem Bund deutscher Radfahrer sollen die 2,5 Millionen Euro Fördermittel gestrichen werden, fordern Politiker. Team Gerolsteiner steigt auch aus, und die Deutschland-Tour 2009 wurde gerstrichen. Ob sie je wieder kommt, ist unklar.

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