Das Duo Triumphale

MÜNCHEN - Beide haben das Saisonende 2008 als Zeitpunkt zum Aufhören gewählt: Ottmar Hitzfeld und Oliver Kahn vereint zum Abschied ihr Titelhunger - und ihre neu entdeckte Lässigkeit. Der Trainer und der Keeper - eine Schicksalsgemeinschaft.
Oliver Kahn dient selbst dann als Motivator, wenn er nicht spricht. Wenn er einfach nur da ist und über ihn gesprochen wird. Und so erinnerte Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld in der Mannschaftssitzung vor dem DFB-Pokalfinale am vergangenen Samstag an die erste Runde des Wettbewerbs. An den Kapitän und seine zwei gehaltenen Elfmeter in Burghausen. „Ohne Olli wären wir nicht hier“, sagte Hitzfeld. Ohne Kahn wäre er auch er nicht in Berlin gewesen.
Der Plan ging auf. Die Bayern spielten und siegten für Kahn. Und damit auch für Hitzfeld. Doch weil es sich nicht ziemt, einen Trainer unter einer Jubeltraube zu begraben, suchten die Spieler beim Schlusspfiff den Torwart heim. Auf ihn mit Gebrüll. „Der Sieg war für ihn“, sagte Bastian Schweinsteiger. Ein Sieg für Olli & Ottmar.
Zwei, die über den Dingen stehen
Für die „Schicksalsgemeinschaft“, wie Hitzfeld es nannte. Beide haben das Saisonende 2008 als Zeitpunkt zum Aufhören gewählt, beide eint der Mix aus professionellem Streben nach möglichst vielen Titeln sowie einer neu gewonnenen Lässigkeit. Im Berliner Olympiastadion standen sie zusammen, als sie auf die Pokalübergabe warteten, und plauschten. Zwei, die über den Dingen stehen und die Gegenwart schon als Rückblick verarbeiten.
Wie in Berlin, so in Getafe. Hitzfeld und Kahn verbindet das Schicksal der 90. Minute. Vor knapp zwei Wochen in Spanien drückte Kahn Hitzfeld nach dem 3:3 an seine Schulter. Dabei verwischte die Trennung zwischen Trainer und Spieler, zwischen Ober und Unter. Später berichtete Hitzfeld: „Ich hab’ ihm gesagt: ,Ach, Olli, dass wir in unserem Alter sowas noch erleben dürfen!“ Dramatische Momente schweißen zusammen.
"Wir ergänzen uns sehr gut"
Besonders die negativen. Vor dem Pokalfinale berichteten beide unisono über ihr emotionalstes Endspiel in Berlin – es war das verlorene Elfmeterschießen 1999 gegen Werder Bremen, drei Wochen nach der grausamsten aller Niederlagen, dem Last-Minute-1:2 im Champions-League-Finale gegen Manchester United. Zwei Jahre später gewannen die Bayern den Pott, Kahn wurde zum Elfmeter-Helden, die Spieler trugen Hitzfeld auf Händen. Es war ihr größter sportlicher Bayern-Moment.
Nun stehen sie vor dem Triple. Hitzfeld und Kahn, das Duo Triumphale. „Wir ergänzen uns sehr gut“, sagte Hitzfeld kürzlich, „Oliver reagiert beispielsweise oftmals sehr impulsiv, während ich stets versuche zu vermitteln, beziehungsweise die Balance herzustellen. Er ist mir schon eine sehr große Hilfe, meine rechte Hand, wenn es um das Innenleben der Mannschaft geht.“ Und weil Kahn der Kapitän, das Vorbild ist, musste er auch als mahnendes Beispiel hinhalten. Als Kahn im Dezember Mannschaftskollegen kritisierte und frühzeitig die Weihnachtsfeier verließ, strafte ihn Hitzfeld ab: Ein Spiel Suspendierung plus Geldstrafe. Ein zerrüttetes Verhältnis? Nein, eher eine Warnung an den Rest. Kahn verstand es: „Disziplin ist oberstes Gebot.“ Hitzfelds Gebot.
Am 17. Mai werden beide in der Allianz Arena einen rauschenden Abschied erleben. „Hitzfeld ist der perfekte Trainer für den FC Bayern“, hat Kahn immer wieder betont. Nun endet die Ära Hitzfeld/Kahn. Mit maximal 15 gemeinsamen Titeln.
Patrick Strasser