Das Drehbuch zum Happy End in Wien
Auf dem Weg zum Titel spart der DFB an nichts: Spielertuning, Traumhotel, Sternekoch und Luxusmatrazen – für insgesamt 16 Millionen Euro
TENERO Nur zwei Tage, mehr haben sie sich nicht erlaubt beim DFB. Sonntag und Montag waren für Familie und Freunde frei. Eineinhalb Monate, vom Beginn des Trainingslagers auf Mallorca am 19. Mai bis zum 29. Juni, dem Tag des EM-Finales in Wien, wurden von den DFB-Verantwortlichen penibelst durchgeplant. Alles für den Titel. „Wir wissen schon heute genau, was wir beispielsweise am Tag X im Juni machen“, erzählte Löws Assistenztrainer Hansi Flick und verkündete stolz: „Wir haben seit Januar am Drehbuch gearbeitet.“
Dem Drehbuch mit Happy End – es trägt den Namen „Bergtour 2008“, ganz im Sinne der Alpen-EM in Österreich und der Schweiz. Am Dienstagabend hatte DFB-Präsident Theo Zwanziger das Team in Ascona besucht, eine Ansprache gehalten. „Wir haben uns akribisch auf die EM vorbereitet, weil wir beim DFB nach der Euphorie um die WM 2006 wissen, was Fußball diesem Land bedeutet“, sagte Zwanziger, „also wollen wir die Spieler bestens vorbereitet ins Turnier schicken.“
Machen sie. In Wien wollen sie das Drehbuch mit einem Happy End beschließen, damit sich die investierten 16 Millionen Euro lohnen. Der DFB hat an alles gedacht.
Das Training
Die Grundlage des Erfolgs ist die Fitness, die körperliche und mentale. Dafür wurde wie unter Klinsmann das Team des US-Fitnessexperten Mark Verstegen engagiert. Während des Trainings tragen die Spieler Messgeräte um den Brustkorb, die Daten werden auf einen Laptop gesendet und erlauben eine ständige Kontrolle. „Wir tunen jeden Spieler für seine Position“, sagt Verstegen, dessen Team vier Mitarbeiter angehören. Zuschauen dürfen dabei nur Journalisten, gestern bekräftigte Bierhoff: „Es wird kein öffentliches Training geben, das ist aufgrund der Sicherheitslage nicht möglich.“
Die Rundumversorgung
21 Mann kümmern sich um 23 Spieler, dazu kommen die drei Trainer. Die medizinische Versorgung gewährleisten zwei Orthopäden, ein Internist, ein Sportpsychologe und vier Physiotherapeuten. Wichtigstes Thema neben der Fitness und Regeneration sind Schlafen und Ernährung. Sternekoch Holger Stromberg ist für die Küche zuständig, sicherheitshalber wurde den Küchenchefs in allen EM-Hotels auf vier Seiten in englischer Sprache notiert, worauf Wert gelegt wird - etwa von welcher Beschaffenheit die Nudeln sein sollen, woher der Zucker zu stammen hat. Für die Nachtruhe hat jeder Akteur eine eigene 3000-Euro-Matratze erhalten, die von Mallorca ins EM-Quartier nach Ascona mitgenommen wurde. Der Härtegrad lässt sich individuell bestimmen.
Die Unterkünfte
Bereits seit Dienstag residiert der DFB-Tross im Luxushotel „Il Giardino“, die gesamte Residenz mit ihren 18 Suiten und 54 Doppelzimmern zur Einzelnutzung steht samt der 130 Bediensteten dem DFB zur Verfügung. Vor den Spielen in Klagenfurt und Wien wurde das „Holiday Inn“ (die drei obersten Stockwerke mit acht Büros sind reserviert) sowie das „Hilton Plaza Vienna“, Österreichs erstes Designerhotel mit 1000 Originalkunstwerken, gebucht. Kommt das DFB-Team über die Gruppenphase hinaus, sind an den möglichen Spielorten Wien und Basel bereits Hotels für die Nächte vor dem Spiel geblockt.
Die Reisen
Per Chartermaschine fliegt das Team von Lugano zu den Gruppenspielen nach Klagenfurt und Wien, direkt nach den Partien geht’s in der Nacht zurück. Die Schweizer haben extra das Nachtflugverbot aufgehoben. „Den Spielern soll stets demonstriert werden, dass sie bei der Nationalelf zu einer Familie gehören", sagte Teammanager Oliver Bierhoff, „dass es etwas Besonderes ist, wenn man hier ist.“ Zu Hause bei Mama DFB.
Patrick Strasser