Das Angstrennen

Obwohl Menschenrechts-Organisationen den Königsstaat Bahrain anprangern, zieht die Formel 1 den Grand Prix dort durch. Oppositionelle haben
zu „drei Tagen der Wut” aufgerufen
MANAMA Sie rüsten auf. Auf beiden Seiten. Der Formel1-Grand-Prix in Bahrain droht zu einem Propaganda-Event zu verkommen. Die Regierung hat offiziell ein fröhliches Volksfest unter dem Motto „Eine Nation vereint im Feiern” angesetzt. Die Opposition, die Pro-Demokratie-Bewegung des Landes, hingegen will das Vollgas-Event zu ihren Zwecken nutzen. Die „Jugendkoalition der 14. Februar-Revolution” hat zu „drei Tagen der Wut” aufgerufen. „Ich habe durchaus Angst, dass es zu einigen Zwischenfällen kommen wird”, sagte Jasim Husain, fünf Jahre lang Spitzenvertreter der schiitisch-islamischen Gesellschaft Wifak. Eine undurchsichtige Situation. Die Entscheidung trotz aller Unruhen dieses Jahr in Bahrain zu starten, nachdem man im Vorjahr aus Sicherheitsgründen auf eine Austragung verzichtete, hat der Formel 1 viel Kritik eingebracht. Hier die wichtigsten Fragen rund um das Rennen.
Was hat die Debatte ausgelöst? Im „Arabischen Frühling” vor einem Jahr kam es auch in Bahrain zu blutigen Unruhen. Gelöst worden sind die Probleme seither nicht. Die schiitische Bevölkerungsmehrheit verlangt weiter Reformen von der sunnitischen Königsfamilie. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten, Royalisten und Polizei.
Was sagen die Menschenrechtsorganisationen? Amnesty International spricht von „Folter und unnötiger und ausufernder Gewalt gegen Demonstranten”. Hunderte Demonstranten seien weiter im Gefängnis. Faire Prozesse gebe es für sie nicht. Die renommierte International Crisis Group veröffentlichte sogar eine Risikowarnung. „Unter einer Fassade der Normalisierung schlittert Bahrain auf einen neuen Ausbruch der Gewalt zu”, lautete das Urteil.
Was sagen Bahrains Regierung und die Renn-Organisatoren? Kronprinz Salman bin Hamad Al-Chalifa mahnte, die Politik dürfe nicht über den Sport entscheiden. Streckenchef Zayed Al Zayani sieht die Formel 1 nicht als Angriffsziel für die Proteste. „Es ist nicht Afghanistan, es ist nicht Syrien”, sagte er.
Wie ist die Position des Weltverbands FIA? „Wir sind nur am Sport interessiert, nicht an der Politik”, sagte FIA-Präsident Jean Todt. Der Verband habe sich bei Vertretern der Regierung, bei Botschaften, den Nachbarländern und europäischen Außenministerien über die Situation in Bahrain informiert. Die Verantwortung der FIA sei, die Sicherheit für Teilnehmer und Besucher des Rennens zu gewährleisten. „Das wird der Fall sein”, versprach Todt.
Was sagt die Formel 1? Chefvermarkter Bernie Ecclestone setzte sich vehement für das Gastspiel in Bahrain ein. Für ihn stehen viele Millionen an Antrittsgeld auf dem Spiel. Er brachte die Teams auf Linie und stellte die Unabhängigkeit der Urteile von Menschenrechtlern infrage. Konzerne wie Mercedes und Ferrari haben ebenso wirtschaftliche Interessen in der Region wie die Rennställe McLaren und Williams. Daher gab es keine Widerworte. Auch die meisten Fahrer sagten nichts gegen den Bahrain-Auftritt. Nur Red Bull-Fahrer Mark Webber ließ moralische Bedenken anklingen. „Es wäre ein klares Signal gewesen, wenn die Formel 1 die Frage der Menschenrechte über alles gestellt hätte. Man hat sich entschieden zu fahren, ich halte diese Entscheidung für falsch. Der Sport, die Formel 1 sollte nicht so tun, als sei sie eine Organisation ohne Verantwortung oder Gewissen.”
Was machen die TV-Sender? RTL und Sky werden das Rennen wie gewohnt übertragen. Sky Deutschland schickt aber keine eigenen Mitarbeiter nach Bahrain. „Die Situation ist zu unübersichtlich und zu gefährlich”, erklärte Sprecher Dirk Grosse.