". . . dann treten Sie zurück, Herr Kurz!"
Nach dem Fehlstart in der Zweiten Liga mit null Punkten aus zwei Spielen gerät der 1860-Trainer in die Kritik. „Das lässt mich nicht kalt."
MÜNCHEN Am Tag danach waren die Löwen um Normalität bemüht. Aber was ist schon normal bei 1860?
Während sich also die Profis auf die erste Übungseinheit nach der 1:2-Heimschlappe gegen Mainz vorbereiteten, redeten sich draußen am Löwenstüberl die Menschen in Rage. Die Fans, die beim Training zuschauen wollten, polterten und grantelten, fluchten und schimpften über den Fehlstart in die Zweitliga-Saison; 1860 ist Letzter.
Als Trainer Marco Kurz dann um 10.33 Uhr nach seinen Spielern aus der Kabine trat, baute sich einer der Besucher vor ihm auf. Günther Haimerl (73), Münchner und Stammgast beim Training, ging den Chefcoach an: „Herr Kurz“, sagte er aufgebracht, „wenn Sie 1860 lieben, dann treten Sie bitte zurück! Das wäre ein Segen für 1860. Sie kosten 1860 sehr viel Geld.“
Kurz schluckte. Man könne ja später reden, sagte er, dann ging er trainieren. Später sollte Kurz sagen: „Das lässt mich nicht kalt.“
Der Coach spürt offenbar, dass eine Stimmung zu entstehen droht, die ihm gefährlich werden kann. Gefährlicher als ein einzelner Wüterich am Trainingsplatz.
Video: Fan fordert Kurz zum Rücktritt auf
Seit März 2007 ist Kurz im Amt, als Nachfolger des entlassenen Walter Schachner. Nach anfänglichen Erfolgen ist bei den Löwen aber nicht mehr viel vorangegangen zuletzt. Von den letzten 19 Zweitliga-Spielen hat der TSV 1860 nur zwei gewonnen. Der Absturz ans Tabellenende macht jetzt alles nur noch schlimmer.
Falls Kurz Druck spürt, lässt er es sich zumindest kaum anmerken. Für den heutigen Dienstag hat er seinen Spielern freigegeben, wie er es auch in besseren Zeiten getan hätte. „Bei mir ist ein freier Tag nicht abhängig von Erfolg oder Misserfolg. Wir trainieren immer sehr intensiv“, sagt Kurz. „Ich halte nichts davon, eine Mannschaft kaputt zu trainieren.“
Die Leistung der Löwen gegen Mainz – die Mannschaft wirkte nicht frisch und schlecht organisiert – hat freilich den Eindruck vermittelt, als sei fleißiges Üben nötig.
Wie oft darf Kurz bei 1860 noch verlieren?
Sportdirektor Stefan Reuter, der gestern vor dem Training die Mannschaft in der Kabine ins Gebet genommen hat, steht zu seinem angeschlagenen Coach: „Marco Kurz ist ein sehr guter Trainer, er ist sehr authentisch, hat eine große Akzeptanz“, sagt er. „Ich bin überzeugt, dass ihn die Spieler nicht im Stich lassen werden.“ Zuletzt hat es danach freilich nicht immer ausgesehen.
Wohl auch deshalb übt Kurz Selbstkritik. Er sagt: „Wir als Trainerteam sind dafür verantwortlich, dass der sportliche Bereich abgedeckt ist – und das ist uns nicht gelungen. Wir sind eine Gemeinschaft, jeder muss sich selbst hinterfragen. Jeder muss seine Aufgabe erfüllen, dann ist auch das Kollektiv stark. Ich fange immer erst bei mir an, bevor ich auf andere schaue.“ Als er das sagte, war der wütende Fan schon weg.
Oliver Griss
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