„Dann hat es Bumm gemacht“
Nick Heidfeld führt 5000 Mitarbeitern sein Auto vor – und baut gleich einen Unfall. „Die Mauer wollte mich heute nicht vorbei lassen“, so Heidfeld. Aber auch das tat der guten Stimmung derzeit bei BMW keinen Abbruch.
MÜNCHEN Lange hängt der dichte Nebel noch auf Höhe des Bodens. Die Luft riecht nach verbranntem Gummi, im Trommelfell vibriert der röhrende Hall eines sehr lauten Motors nach. Dann kommt Nick Heidfeld langsam aus den Nebelschwaden herausgefahren. Eine Hand am Lenkrad, die andere in die Luft gestreckt, eine schimpfende Bewegung machend. Sein Frontspoiler liegt da, wo er überhaupt nicht hingehört – am Boden, neben seinem BMW-Formel-1-Flitzer.
Fast ein Jahr lang hatte Heidfeld keinen Unfall mehr – ausgerechnet bei seiner ersten Fahrt durchs BMW-Werksgelände am Olympiagelände, ausgerechnet an dem Tag, an dem das zur Zeit beste Formel-1-Team der Welt allen Münchner Mitarbeitern mit einer Demofahrt durch das Stammwerk am Mittleren Ring danken möchte, hat Heidfeld seinen Wagen nun gegen die Mauer gefahren. Gegen ein Mäuerchen zumal, höchstens 30 Zentimeter hoch und zehn Meter lang. Die Menschen entlang der Strecke klatschen trotzdem frenetisch, als Heidfeld aus seinem ramponierten Auto aussteigt.
Heidfeld und die Mauer
„Die Mauer wollte mich heute nicht vorbei lassen“, sagt der derzeit beste deutsche Formel-1-Pilot in seiner typisch trockenen Art. Die Zuschauer lachen. Genau so wie BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen, als er sich den abgefallenen Frontflügel bringen lässt. Scheinbar triumphierend hält er den Spoiler in die Luft, „der ist wirklich nicht mehr zu gebrauchen“, sagt er, „also werden wir ihn jetzt unter den Mitarbeitern versteigern.“
Sie haben Spaß derzeit bei BMW, das kann auch so ein ramponiertes Präsentations-Auto nicht verhindern. Der Fehler passierte, als Heidfeld gerade einen Donut – so nennen Rennfahrer es, wenn sie ihr Auto schnell und spektakulär um die eigene Achse drehen – fabrizieren wollte. Heidfeld: „Bis eine Zehntelsekunde vorher dachte ich es geht, es geht – dann hat es Bumm gemacht.“
Egal. Schließlich rückt der erste Sieg in der Formel 1 für BMW näher, und da sind auch die Mitarbeiter am Band stolz auf die Leistungen von Heidfeld, Kubica & Co. 5000 Mitarbeiter (6000 arbeiten insgesamt im Stammwerk) haben ihre Mittagspause vorgezogen, um sich die Präsentationsfahrt im Schatten des Vierzylinders anzuschauen. „Ich weiß nicht, wie viele Hände ich heute geschüttelt habe. Es war toll zu sehen, dass mich die Arbeiter als Teil des ganzen BMW-Teams akzeptieren“, sagt Heidfeld.
Begeisterung bei BMW trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage
Als er mit einem großen Stapel Autogrammkarten auf eine Seite der Strecke geht, rufen die Menschen von der anderen Seite laut, dass sie auch welche haben wollen. Dabei sind die Zeiten für viele BMW-Mitarbeiter derzeit schwierig. Der Hersteller baut Stellen ab, viele müssen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. Doch die Begeisterung für das weiß-blaue Formel-1-Engagement scheint das nicht zu behindern. „Wir wollten Ihnen etwas zurückgeben und uns bedanken für die Unterstützung“, ruft Theissen der Belegschaft vor der Präsentationsfahrt zu. Und die Leute klatschen begeistert. „Hier waren noch viel mehr Emotionen im Spiel als sonst. Bei der Formel 1 sind die Zuschauer normalerweise ja viel weiter weg“, sagt Theissen nun, „ich kann mir vorstellen, dass wir das auch in einem anderen Werk mal wiederholen.“
Vielleicht sollte dann nicht mehr Heidfeld am Steuer sitzen. Als er im Januar bei der Präsentation des neuen Boliden ein paar Demonstrationsrunden durch die BMW-Welt drehte, verlor er eine Radkappe – nun den Frontspoiler. Begeistert war er dennoch. „Das war richtig geil hier“, sagt er, „vor allem der Sound im Tunnel war irre, noch besser als in Monaco.“
Und sein Unfall sei auch gut gewesen. „Statistisch gesehen musste mal wieder ein Unfall her“, meint er flachsend, „da dachte ich, ich mache das lieber hier als in Barcelona.“ Rennfahrerlogik.
Filippo Cataldo
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