„Dann bin ich ja die Nummer eins“

In Melbourne, wo sie einst schwer verunglückt ist, erfährt Tennis-Aufsteigerin Andrea Petkovic (22), dass sie künftig die deutsche Frauen-Mannschaft anführen soll.
von  Abendzeitung
Selbstwewusst auf - und außerhalb des Platzes: Andrea Petkovic.
Selbstwewusst auf - und außerhalb des Platzes: Andrea Petkovic. © dpa

In Melbourne, wo sie einst schwer verunglückt ist, erfährt Tennis-Aufsteigerin Andrea Petkovic (22), dass sie künftig die deutsche Frauen-Mannschaft anführen soll.

MELBOURNE Beim Edeljapaner nahe dem Grand Hyatt Hotel kriegte Andrea Petkovic am Sonntagabend erst mal einen „richtigen Schock“. Das war, als Bundestrainerin Barbara Rittner ihrer Mädelscombo während des gemeinsamen Essens betrübt verkündete, dass Spitzenfrau Sabine Lisicki nicht mitspielen werde beim wegweisenden Fed-Cup-Match Anfang Februar in Brünn. „Dann bin ich ja die Nummer eins!“, entfuhr es Petkovic, „dann muss ich ja die Mannschaft anführen.“

Doch Bangemachen gilt nicht bei Petkovic. Nicht mehr. Seit die erfrischende Darmstädterin in der Weltrangliste bis auf Platz 50 vorgerückt ist und selbst international zu den größeren Aufsteigerinnen gehört, ist auch das Selbstbewusstsein der Einser-Abiturientin mächtig gewachsen: „Ich schaue bei Turnieren gar nicht mehr angstvoll auf die Auslosung, also darauf, gegen wen ich spielen müsste. Ich sage mir: Du bist stark genug, jede zu schlagen.“

Und so freut sich die 21-jährige, die am Dienstag souverän mit 6:2 und 6:4 gegen die Tschechin Renata Voracova die zweite Australian-Open-Runde erreichte, inzwischen schon längst auf die Rolle als Leitwölfin beim Nationenkampf: „Ich bin eine, die eine Gruppe anführen kann. Damit habe ich keine Probleme.“

Sie habe, grinste Petkovic, schon ein paar Lieder ausgesucht, „die wir gemeinsam schmettern werden, um uns fürs Spiel heiß zu machen“. Ersetzen muss Petkovic die Berlinerin Sabine Lisicki, die eigentliche Nummer 1, die sich in den nächsten Monaten lieber auf ihre persönliche Karriere konzentrieren will. „Ich will in die Top 20 und dann noch höher hinaus“, sagte Lisicki am Dienstag nach ihrem 6:1, 6:4-Sieg über Petra Martic aus Kroatien, „ich brauche mehr Turnierteilnahmen, da ich im letzten Jahr zu oft wegen Verletzungen gefehlt habe.“

Management und Familie hätten gemeinsam entschieden, „dass der Fed Cup jetzt nicht in die Planung reinpasst“, so Lisicki. Petkovic, die neue Chefin, setzt zwar ganz andere Prioritäten („Ich würde lieber fünf Turniere als den Fed Cup absagen“), versicherte Lisicki aber schon mal, dass sie „gern zurückkommen“ könne ins Team: „Ich mag dich trotzdem“, sagte die Darmstädterin bei einem kurzen Plausch zu Lisicki.

Petkovic fühlt sich wohl in Melbourne. Auch wenn die Erinnerung an den Unfall vor zwei Jahren manchmal noch hochkommt: Der Kreuzbandriss in ihrem ersten Spiel 2008 nach drei Minuten gegen die Russin Anna Tschakwetadse. „Aber jedes Match baut die Angst ab“, sagte Andrea Petkovic. „Es wird irgendwann vorbei sein – vielleicht, wenn ich 80 bin."

Tatsächlich wurde das Unglück dann doch zum Glück. Die dreivierteljährige Auszeit nach der OP wurden entscheidend für den Durchbruch. „Ohne diese Pause hätte ich es nicht geschafft. Ich war vorher noch nicht bereit“, sagte die 22-Jährige, „nun hatte ich viel Zeit, darüber nachzudenken, wohin ich will und wie ich es erreichen will.“

Jörg Allmeroth

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