"Danke, Maria!" Die Reaktionen auf den Rücktritt
München - Irgendwie passt es ja ganz gut, eine runde Sache. 27 Mal Erste, 27 Mal Zweite, 27 Mal Dritte war Maria Höfl-Riesch in alpinen Skiweltcuprennen. 81 Podiumsplätze – zu denen kein weiterer dazu kommen wird. Höfl-Riesch macht Schluss, hört auf.
Gefasst sieht sie aus, als sie es am Münchner Flughafen bekannt gibt. Lila Blazer, graues Top, strenger Zopf, viel Schminke, um den Hals eine silberne Milka-Kette. Mit angespanntem Gesicht verkündet sie: „Ich höre auf mein Bauchgefühl. Ich hatte eine traumhafte Karriere. Man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist.“
Man merkt: Höfl-Riesch, 29, ist die Entscheidung nicht leicht gefallen.
„Die Leidenschaft fürs Skifahren war bis zum Ende da. Es ist eine sehr schwierige Entscheidung gewesen“, sagt sie. Sie sitzt aufrecht, den Operkörper nach vorne gelegt, er verrät Anspannung, den inneren Kampf, den sie in den letzten Wochen austrug.
„Auf der einen Seite macht mir Skifahren noch sehr viel Spaß, war 15 Jahre mein Lebensinhalt, alles hat sich danach gerichtet. Aber nach Vancouver 2010 war das finale Karriereziel, nochmal olympisches Gold zu gewinnen – das ist mir gelungen. Dementsprechend war das Bauchgefühl nach Olympia, mit diesem großen Erfolg abtreten zu wollen.“
Video-Trailer, Fanfare, im Publikum sitzen ihre Eltern und Mann Marcus.
Als ihr der DSV-Pressesprecher Beifall spendet, wischt sie sich eine Träne von der Wange. Viel nachgedacht hat sie, bis zuletzt wollte man sie umstimmen. Höfl-Riesch verrät, wie Alpin-Chef Wolfgang Maier um sie gekämpft hat, spricht von „heftigen Angeboten“.
„Wolfi hat mir deutlich gemacht, wie sehr er es sich wünschen würde, dass ich noch ein Jahr mache“, sagt sie. Doch ihr Bauch war stärker. Maier, mit auf dem Podium, nimmt’s mit feuchten Augen hin.
Ihre Karriere beendet Höfl-Riesch also mit einem Sturz. Bei der letzten Weltcup-Abfahrt in Lenzerheide hatte sie sich eine Adduktoren-, Ellenbogen- und Schulterverletzung zugezogen. Und Gewissheit erlangt, dass sie ihrem Körper nicht mehr zu viel abverlangen darf: „Ich habe alles, was ich hatte, nochmal in dieses Jahr reingesteckt.“
Den zweiten Sieg im Gesamtweltcup nach 2011 hat sie wegen ihres finalen Sturzes verpasst. Aber die Trophäe für den Abfahrtsweltcup hat sie nochmal abgestaubt, die fünfte kleine Kugel insgesamt (dazu kommen: Kombination & Super-G 2008, Slalom 2009 & 2010).
Sechs WM-Medaillen (2x Gold, 4x Bronze) hat sie geholt, ist mit dreimal Olympia-Gold und einmal Olympia-Silber Deutschlands Alpin-Queen. „Ich war in allen Disziplinen vorne dabei, das war wunderschön“, sagt sie.
Was hängen bleibt?
„Die Erfolge bei Olympia waren die Highlights, ich kann mich aber auch an jeden einzelnen Weltcupsieg erinnern – viele schöne Erinnerungen, die ich für immer behalten werde“, sagt Höfl-Riesch, die nun erst einmal durchatmen will, noch nichts über Weltreisen oder gar Kinderpläne verraten mag.
„Erstmal zur Ruhe kommen, an nichts denken dürfen“, das hat sie im Sinn: „Ich genieße, dass ich erst mal total befreit und in Ruhe in den Urlaub fliegen kann. Genieße, nicht sofort wieder an eine nächste Saison denken zu müssen.“ In die Karibik geht's, zwei Wochen mit ihrem Mann Marcus Höfl-Riesch, ihrem Manager. „Es wird warm“, sagt er, „und darauf Freude wir uns.“
Schwanger ist sie, so wie Gerüchte besagten, (noch) nicht.
Zuerst steht jetzt die Karriere nach der Karriere an, das Monetarisieren der sportlichen Erfolge. Für „Bogner“ hat sie eine eigene Kollektion, auch in der PR-Firma ihres Mannes kann man sie sich vorstellen. „Die Maria hat ihre Pläne, aber noch ist nichts spruchreif“, sagt Höfl.
Für den deutschen Skisport ist ihr sportliches Ende zweifellos schlimmer als für sie selbst. „Es ist eine Zesur, es beginnt eine neue Zeitrechnung“, sagt DOSB-Chef Alfons Hörmann. „Maria hinterlässt eine große Lücke.“
Höfl-Riesch macht Mut: „Es kommt schon wieder was nach.“ Aber sie, sie sagt Servus. Danke, Maria!
Florian Bogner