Cybercrime-Opfer Tina Schüssler: Zwei Tatverdächtige ermittelt

München/Augsburg - Plötzlich Ruhe. Verdächtige Ruhe? Die Ruhe vor dem nächsten Sturm? Oder ist den Cyberkriminellen, die der ehemaligen Kickbox-Weltmeisterin Tina Schüssler einen guten Monat lang das reale Leben zur virtuellen Hölle gemacht haben, die Luft ausgegangen?
Gut eine Woche keine Morddrohungen, keine Diffamierungen. "Es hat sich ein bisschen was getan, die Polizei macht einen super Job, ich kann immer nur wieder Danke sagen", erklärte die Augsburgerin, die sich vor gut einer Woche entschieden hatte, mit ihrem Fall an die Öffentlichkeit zu gehen.
Polizei: "Wir ermitteln gegen zwei Tatverdächtige"
Jetzt gibt es einen ersten Teilerfolg. "Wir ermitteln gegen zwei Tatverdächtige", bestätigte Michael Jakob, Leiter der Pressestelle des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, gegenüber der AZ: "Mehr können wir aufgrund der sensiblen Ermittlungen noch nicht sagen, aber wir tippen nicht vollkommen im Dunkeln, die Kollegen haben sich in diesen Fall sehr verbissen. Weitere Angaben können wir zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht machen."
"Ich will nur mein normales Leben zurück", sagt Schüssler, "das Ganze war sehr belastend. Nicht nur für mich, sondern auch gerade für die Familie, das Umfeld. Wenn man ein bisschen bekannt ist, gehören Anfeindungen dazu. Damit kann ich gut leben, das gehört zur freien Meinungsäußerung dazu, aber da wurden alle Grenzen überschritten."
Tina Schüssler: "Die haben sich die Falsche ausgesucht"
Schüssler erhielt Anrufe und E-Mails, in denen ihr detailliert mitgeteilt wurde, wie sie ermordet und zerstückelt werden sollte. Drogen wurden an ihre Haustür geliefert, in der Fernsehsendung, die Schüssler moderiert, rief ein Bestattungsunternehmen an, das darüber informiert worden war, dass eine Tina Schüssler verstorben sei und sie beauftragt worden seien, sich um das Prozedere und den Leichnam zu kümmern.
"Es war beängstigend, aber ich kann nur immer wieder sagen, die haben sich die Falsche ausgesucht", sagte Schüssler, "die wollen meinen Ruf ruinieren, vor einer Woche wurde ich noch auf Porno-Seiten verlinkt. Ich werde mich sicher auch in Zukunft für Opfer von Cybercrime stark machen. Denn man ist nicht allein und man kann was dagegen tun. Das kann ich den Opfern authentisch vermitteln, genau, wie ich Opfern von Schlaganfällen gegenübertreten kann und ihnen sagen kann: 'Beiß die Zähne zusammen. Du kommst da raus. Ich war da, wo du bist - und jetzt bin ich wieder voll im Leben.'"
Warum ist Tina Schüssler ins Visier der Cyberkriminellen geraten?
2009 hatte Schüssler selber einen Schlaganfall erlitten, sie lag im Koma, war halbseitig gelähmt. Es dauerte fast drei Jahre, bis sie wieder die alte Tina Schüssler war. Aber eben auch eine Neue. "Ich kann das Leben heute ganz anders schätzen", sagt sie, "deswegen kann ich die Menschen, die mir das angetan haben, auch so gar nicht verstehen. Diesen Spaß am Leid der anderen, an der Zerstörung von Lebensqualität."
Weiterhin weiß Schüssler aber nicht genau, warum sie ins Visier der Cyberkriminellen geraten ist. Wahrscheinlich hängt es damit zusammen, dass sich in ihrer Live-Sendung ein Mann entblößte und sie daraufhin Strafanzeige stellte. Danach ging es mit den Morddrohungen los.
"Ich hoffe, ich werde erfahren, was der Grund war", sagte Schüssler, "auch, wenn man diese Menschen und ihre Beweggründe sicher nie verstehen kann, man will es einfach wissen. Für sich persönlich." Um dann einen Abschluss zu haben. Und die Ruhe, das normale Leben, richtig genießen zu können.