Cup der guten Hoffnung
Am Donnerstag werden die Champions- League- Gruppen ausgelost. Trainer Jürgen Klinsmann will seinen FC Bayern trotz der finanziellen Limits in „Europas Top Ten“ führen. Traum oder Realität?
MÜNCHEN Belenenses, Aberdeen, Getafe – und wie sie alle hießen, die Gegner im Uefa-Pokal. Passé. Vorbei. Überstanden. Am Donnerstag taucht der FC Bayern nach einem Jahr Abstinenz wieder dort auf, wo er sich selbst verortet – in der Champions League. In der Uefa-Zentrale wird ab 18 Uhr (Premiere live) die Gruppenphase ausgelost. Und auch wenn der Zwei-Punkte-Bundesligastart wenig verheißungsvoll war, so ist der Henkelpott doch der Cup der guten Hoffnung. Trainer Jürgen Klinsmann will „in Europas Top Ten“. Präsident Franz Beckenbauer fordert: „Die Mannschaft muss übers Achtel- oder Viertelfinale hinauskommen.“ Und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sagt: „Unser Ziel ist, in Europa eine große Größe zu sein.“
Traum oder Realität? Wie weit weg sind die Topklubs aus England, Spanien und Italien? Wie sind die Größenverhältnisse wirklich? Der AZ-Vergleich.
DIE FINANZEN
Rummenigge selbst bezweifelt die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga. Vor knapp einem Monat sagte der Bayern-Boss: „Einen Champions-League-Sieger sehe ich im deutschen Vereinsfußball angesichts der herrschenden Knebelungen in den nächsten Jahren nicht.“ Damit gemeint: die TV–Zentralvermarktung, der hohe Steuersatz für ausländische Topverdiener (also auch Fußballer) – und das Verbot von Klubübernahmen durch Investoren. Milliardenschwere Klub-Eigner wie Chelseas Russe Roman Abramowitsch oder US-Investor Joel Glazer (Manchester United) sind unmöglich. So ist der Saisonetat von Chelsea oder Manchester ein vielfaches höher als jene 80 Millionen Euro, die Bayern zur Verfügung stellt.
DIE STARS
Bayerns prominentester Neuzugang ist der Trainer. Und Klinsmann startet mit jenem Team – plus Tim Borowski – in die Champions League, das vergangene Saison im Uefa-Cup-Halbfinale an St. Petersburg gescheitert ist. Dennoch sagt er: „Mein Job ist es, meine Leute so zu verbessern, dass wir auch mit finanzstarken Klubs wie Chelsea oder Milan konkurrieren können.“ Doch wie schafft er es, aus Andreas Ottl einen wie Chelseas Frank Lampard zu machen? Gelingt es ihm, aus Schleicher Miroslav Klose einen wie Inter Mailands Zlatan Ibrahimovic zu machen? Ganz zu schweigen von ManU-Superstar Cristiano Ronaldo. Bayerns Weltstars Luca Toni („Um die Champions League zu gewinnen, braucht man so viele Champions wie möglich“) und Franck Ribéry („Die Champions League ist eine andere Welt als der Uefa-Cup, insofern sind neue Spieler Pflicht") hatten – erfolglos – Verstärkungen gefordert.
DIE TRAINER
Novize Klinsmann hat es in der Königsklasse mit den routiniertesten Kollegen der Welt zu tun. Bei Titelverteidiger Manchester United regiert der legendäre Schotte Sir Alex Ferguson – seit 1986. Bei Mitfavorit Inter polarisiert der portugiesische Trainerfuchs Jose Mourinho, der den Pott einst bereits mit Porto gewonnen hat und nun ankündigte: „Mein Inter wird immer besser als der Gegner spielen und 3:0 gewinnen.“ Spieler immer besser machen? Oder immer besser spielen als der Gegner? Das ist nun die Frage.
Jochen Schlosser