Christopher Kas: Der Pärchenspieler
TOULON - In Toulon gibt der Trostberger Doppelspezialist Christopher Kas doch noch sein Davis-Cup-Debüt in der Spezialdisziplin. Der 29-Jährige freut sich: „Ich bin einfach dankbar, zum Team zu gehören“
Bei der offiziellen Pressekonferenz der beiden Davis Cup-Mannschaften saß er notgedrungen still und stumm auf seinem Stuhl. Aber Christopher Kas sah nicht verärgert oder frustriert aus, weil niemand etwas von ihm wissen wollte. Der unprätentiöse Doppelspezialist aus Trostberg, Sohn der BR-Bundesligareporterlegende Karl-Heinz Kas, ist es gewohnt, nicht in vorderster Reihe zu stehen. „Ich brauche das Rampenlicht nicht“, sagt der 29-Jährige, der beim Erstrundenspiel der Saison 2010 gegen Frankreich am Samstag erstmals in seiner Spezialdisziplin an der Seite von Philipp Kohlschreiber zum Einsatz kommen wird.
Kas ist der einzige deutsche Profi, der sich nach wenig erfolgreicher Einzelkarriere seit 2005 zielgerichtet und erfolgreich aufs Nischengeschäft des Pärchenspiels konzentriert und dort sein Ein- und Auskommen verdient. „Große Sprünge“ könne er damit aber nicht machen, sagt der Realist am Racket, der rund 500000 US-Dollar (circa 336000 Euro) Preisgeld verdient hat bisher. Schließlich bewege er sich nicht in Gehaltsdimensionen wie etwa der amerikanischen Stars Bob und Mike Bryan, die über hochdotierte Werbeverträge verfügen.
Kas tingelte mit wechselnden Partnern, arbeitete sich beharrlich in der Rangliste nach oben, bis auf Rang 29 derzeit. Vor allem mit seinem Bayreuther Spezi Philipp Petzschner verstand sich Kas prächtig. Doch da Kas immer mal wieder der Nebenmann verlustig geht, etwa, wenn einer wie Petzschner mehr Augenmerk auf eine Einzelkarriere legt, ist er nicht wählerisch: „Man muss sich mit vielen Spielern zurechtfinden können.“
Derzeit spielt Kas bei seiner aktiven Tennis-Völkerverständigung mit dem belgischen Hünen Dick Norman zusammen. Vorher tourte er mit dem Holländer Rogier Wassen über Kontinente. Allerdings spielte Kas auch schon mit Kohlschreiber zusammen, gewann auch Turniere mit ihm – in Halle und Stuttgart.
Ob sich einer wie Kas heute überhaupt noch zu einem Berufsleben im Profitennis entscheiden könnte und würde, ist mehr als fraglich. Denn bei den meisten Turnierdirektoren stehen die Doppelexperten auf der Abschussliste, schließlich bringen ihre Matches kaum Zuschauer, verursachen organisatorische Mühen und finanziellen Aufwand. „Leichter ist es nicht geworden“, sagt Kas, der sich noch ein paar Jahre im Wanderzirkus gibt, bevor es aus dem Tennis-Theater hinausgeht ins „ganz normale Leben“.
In Toulon kommt Kas sozusagen mit Verspätung zur Doppelpremiere im deutschen Team, nachdem sich beim Heimspiel gegen Österreich vor Jahresfrist scheinbar alles gegen ihn verschworen hatte. In Garmisch-Partenkirchen hatte Kas bis zuletzt mit einem Auftritt vor Freunden und Familie gerechnet, ehe Kühnen auf das Duo Kiefer/Kohlschreiber setzte. So blieb dem Trostberger ein zweifelhaftes Trostpflaster: Als alles für die Deutschen entschieden war, schickte ihn Kühnen zum letzten Einzel gegen Stefan Koubek.
Eindruck hat Kas dennoch hinterlassen: Denn wo sich in früheren Jahren ausgebootete deutsche Davis-Cup-Heroen demonstrativ vom Geschehen abwandten und nur einen kurzen Pflichtbesuch beim Team abstatteten, schluckte der 29-jährige den Ärger hinunter. er gab als oberster Fan alles und noch ein bisschen mehr. Am Center Court fungierte er als pausenloser Tippgeber für Kohlschreiber und Kiefer. „Ich bin einfach dankbar, zum deutschen Team zu gehören“, sagt Kas, „heute wie damals.“
Jörg Allmeroth
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