Interview

Christian Danner im AZ-Interview: "Motorsport setzt auf Innovation"

Ex-Rennfahrer Danner spricht über Klimafragen in seiner Branche. "Eine der wenigen Sportarten, die die Notwendigkeit der CO2-Neutralität erkannt hat."
von  Martin Wimösterer
Christian Danner
Christian Danner © dpa

AZ-Interview mit Christian Danner: Der 64-jährige früherer Formel-1-Pilot begleitet die batteriegetriebene Formel E als TV-Experte

AZ: Herr Danner, in welcher Richtung liegt die Zukunft des Motorsports?
CHRISTIAN DANNER: Der Motorsport hat sich immer dem technologischen Zeitgeist angepasst. Die Formel E hat von Beginn an den batteriebetriebenen Weg beschritten, das ist grundsätzlich eine gute Entwicklung, weil es jetzt mehr Vielfalt gibt: die Formel 1 als hybrid-, die Formel E als batteriebetrieben. Und vielleicht kommt noch eine weitere Technologie hinzu.

Danner: "Wasserstoff hinterlässt quasi keine Abgase"

Welche meinen Sie?
Wasserstoff, ganz klar. Er steht schon auf verschiedenen Agenden. Wasserstoff hinterlässt beim Verbrennen quasi keine Abgase. Die Herstellung ist wahnsinnig stromintensiv, aber es ist kein Zufall, dass das große Ölunternehmen Aramco in Solaranlagen in der Wüste investiert. Da gibt es Platz. Und man sieht, dass auf Wasserstoff für die Zukunft gesetzt wird. Mein Lieblingsantrieb ist aber der Diesel.

Fahren Sie selbst einen? Sie sind eben im Auto unterwegs.
Ja. Mein Verbrauch liegt bei rund 9,2 auf 100 km. Ich habe keinen Feinstaubausstoß mehr. Das ist alles, was man braucht, um mit gutem Gewissen Diesel zu fahren.

Ganz so grün ist dann auch die Formel E nicht: Ein Pflanzenbolide bei der Vorstellung des Brasilien-Grand-Prixs
Ganz so grün ist dann auch die Formel E nicht: Ein Pflanzenbolide bei der Vorstellung des Brasilien-Grand-Prixs © dpa/Luis Franca

Es gibt im Zusammenhang mit der Klimaschutzdebatte, die etwa von Fahrer Sebastian Vettel geführt wird, auch die Frage: Muss man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man Motorsport schaut?
Das ist die Schlüsselfrage. Nein, man muss kein schlechtes Gewissen haben. Wir Motorsportler sind sehr umweltbewusst. Es ist eine Gratwanderung: Wo ist Kritik sinnvoll - wo nicht? Spitzensportler in exponierter Position sollten sehr wohl ihre Meinung sagen. Man kann vielleicht debattieren, ob dieses oder jenes schnell genug geht - in Ordnung.

Aber ich nehme Sebastian das sehr übel, dass er sich selbst geißelt. Entschuldigung, bitte! Ein Formel-1-Team wie Mercedes ist heute schon CO2-neutral. Der Motorsport setzt auf Innovation und ist eine der wenigen Sportarten, die die Notwendigkeit der CO2-Neutralität erkannt haben. Oft wird er abfällig behandelt: "Die fahren sinnlos im Kreis herum und verbrauchen viel." Die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Eine Fußball-WM - und ich spreche explizit nicht von der WM in Katar, die viel mehr Energie verbraucht - stößt so viel CO2 aus wie ganze zehn Formel-1-Saisons. Von den Sportarten ist vielleicht Schach neutraler. Und wenn es um den Sinn geht: Für ein Eishockeyspiel Eis zu machen, macht auch keinen Sinn - außer, dass es den Beteiligten und Fans Spaß macht.

Danner: "Jede Mobilität verursacht umweltthematische Probleme"

Der Weltverband Fia hat vor 15 Jahren die Kampagne "Make cars green" gestartet. Wie weit ist man da?
Irgendeinen Tod musst du sterben. Jegliche Art der Mobilität hat umweltthematische Probleme. Wo sollen die Rohstoffe für die ganzen Elektroautos herkommen? Bei der Eisenbahn - wo kommt da der Strom her? Und darüber hat keiner nachgedacht: der Oberleitungsabrieb, was da an Kupfer durch die Luft fliegt. . . Wir sollten ergebnis- und technologieoffen vorwärtsgehen.

Tragen die Fans die E-Serie mit?
Was der Fan grundsätzlich vom Motorsport erwartet: Dass der Meier schneller fährt als der Huber. Das ist in der Formel E aber nicht ganz so einfach. Ein Teil des Formel-E-Reglements schreibt die Rekuperation vor (die Rückgewinnung von elektrischer Energie durch Bremskraft; die Redaktion). Rekuperation macht das Auto letztendlich schneller, weil ich im entscheidenden Moment mehr Leistung zur Verfügung habe. Es ist eine Herausforderung für Leute wie mich, das den Leuten in den nächsten Jahren zu erläutern.

Demnächst kommt Audi in die Formel 1. Ihre Meinung?
Ich bin sehr skeptisch. Audi war im Motorsport immer eine Marke, die sich ausschließlich über das Gewinnen definiert hat. Die Formel 1 ist aber nicht die DTM oder andere Serie - das ist eine andere Hausnummer. Unter den Budgetrestriktionen ist es ein ausgenommen schwieriges Unterfangen. Ich kann nicht einfach ein paar 100 Millionen ins Feuer reinwerfen, damit es besser brennt. Der Technologierückstand lässt sich so kaum aufholen.

Der Budgetcap ist ja im Moment ein Streitfall, der bei zwei Teams diskutiert wird.
Die Fia muss in solchen Fällen harte Strafen aussprechen, um den Sinn des Budgetcaps aufrechtzuerhalten. Sonst bringt das gesamte Konstrukt Formel 1 ins Wanken. Nur mit einem Budgetcap ist gewährleistet, dass nicht permanent ein Team in finanzielle Probleme kommt. Ein vernünftiger Budgetcap sorgt dafür, dass ich wirtschaftlich erfolgreich sein kann als Team.

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