Chevon Troutman: Zwischen Maschine und Krebsfleisch
Muskeln, Tattoos und ein sehr empfindsamer Kern: Bayerns US-Star Chevon Troutman und seine besondere Beziehung zum Klub.
MÜNCHEN Wenn Chevon Troutman nicht Basketball-Profi geworden wäre, dann sicher Koch oder Restauranttester. Fast täglich teilt der US-Forward des FC Bayern seinen Fans in den sozialen Netzwerken mit, wo er gerade speist – oder was er selbst zubereitet hat. Troutman selbst schlägt vor: „Koch-Wrestler, wenn es so etwas gäbe. Erst kämpfen, zwischendurch Gewichte stemmen, danach kochen. Ich bin ein Wettkampf-Typ.“
Im Wettkampf haben sich die Bayern bisher tadellos bewiesen: Vier Ligaspiele, vier Siege, der jüngste am Sonntag gegen Bayreuth. Troutman (31) ist eine wichtige Stütze, die Fans lieben ihn für sein extravagantes Äußeres und seine kraftvolle Spielweise, für seine Frisuren und seine krachenden Dunks. 2,02 Meter ist er groß, muskelbepackt, die Arme zieren Tattoos. Allerdings sagt er auch über sich selbst: „Ich habe einen harten Panzer. Darunter bin ich weich wie Krebsfleisch.“
Mit dem FC Bayern verbindete ihn eine etwas komplizierte Vergangenheit: Mitte März verletzte er sich am Sprunggelenk, kurz vor den Playoffs kam er zurück – spielte aber in der entscheidenden Saisonphase nicht halb so gut wie zuvor. Seine Verletzungspause verbrachte er allerdings wohl nicht so, wie es sich die Verantwortlichen im Verein von ihm wünschten: Öfter mal in Clubs statt im Bett, gerne auch zusammen mit Ex-Mitspieler Jared Homan. Das eigenwillige Reha-Programm kam offenbar nicht gut an.
Dass er im Sommer, trotz bestehenden Vertrages, nicht aus der Mannschaft flog, ist seiner sportlichen Qualität, aber womöglich auch seinem Marketing-Wert in einer Mannschaft, die fast komplett ausgetauscht wurde, zu verdanken. Dass es ziemlich knapp war, weiß Troutman: „Ich hatte mir vorübergehend auch Sorgen gemacht, den Verein verlassen zu müssen. Schließlich bin ich auch nur ein Angestellter.“
Der Mann, der sich selbst eine „Maschine“ nennt, hat ein empfindsames Gemüt, braucht offensichtlich Aufmerksamkeit und Streicheleinheiten, auch wenn er das nicht gerne zugibt. Nach der Pause in München angekommen, musste Troutman zuschauen, wie die Bayern seinen sportlich überflüssig gewordenen Freund Homan mehr oder weniger sanft drängten, den Verein zu verlassen. Der Vorgang ließ ihn wohl an seiner eigenen Zukunft zweifeln. Genauso wie das professionell notwendige Vorgehen, mit Deon Thompson und Boris Savovic gleich zwei neue Spieler für seine Position zu verpflichten.
Troutman, sensibler als es ihm wohl manchmal guttäte, empfindet offenbar, auf dem Schleudersitz zu sitzen. Er ist der letzte im Team verbliebene ausländische Spieler, den noch Pesics Vor-Vorgänger Dirk Bauermann verpflichtet hatte. Und obwohl es gerade Troutmans Stärke ist, ohne taktischen Schwerpunkt auf ihn sehr produktiv zu sein, wünscht er sich mehr Spielanteile. „Damit muss ich hier in München klarkommen, nicht derjenige zu sein, der im Mittelpunkt steht“, sagt er.
Irgendwie hätte er eben doch gerne öfter den Ball, obwohl er gleichzeitig weiß, dass das im Star-gespickten Kader der Bayern nur schwer möglich ist. „Ich sehe das pragmatisch: Ich komme aufs Feld und tue, was ich kann“, sagt Troutman, als ob er sich selbst ermahnen würde. Ein Bayern-Star zwischen Maschine und Krebsfleisch.