Budapest: Franziska Hentke schwimmt zu WM-Silber - dank eines Psycho-Tricks
Budapest - Als sie nach den Enttäuschungen der letzten Jahre "endlich diese blöde Medaille" gewonnen hatte, verriet Franziska Hentke ihr ungewöhnliches Erfolgsrezept. Bei ihrem WM-Silberrennen über 200 m Schmetterling in der Duna Arena in Budapest hatte sie sich in Gedanken in eine ganz andere Umgebung versetzt.
"Ich bin ja großer Handballfan in Magdeburg. Der Rhythmus, den die Ungarn hier schreien, passt genau auf: Hier regiert der SCM", erzählte die 28-Jährige: "Ich habe mir einfach vorgestellt, dass nur SCM-Fans in der Halle sitzen."
Der psychologische Kniff half: In ihren Ohren galt der Ruf "Ria, Ria, Hungaria!" der 12.000 Zuschauer nicht ihren ungarischen Konkurrentinnen Katinka Hosszu und Liliana Szilagyi, sondern dem Ex-Meister aus ihrer Heimatstadt - und damit auch ihr selbst.
"Es hat echt super funktioniert", meinte die grinsende Hentke, die mit einem Psychologen ihre Niederlagen aufgearbeitet hat. Jetzt hielten zum ersten Mal die Nerven in einem ganz wichtigen Rennen, zum ersten Mal zeigte sie ihre wahre Stärke, als es wirklich darauf ankam.
"Wenn das Becken länger wäre..."
Endlich stand sie bei der Siegerehrung im Scheinwerferlicht auf dem Podest, nachdem sie bei der WM vor zwei Jahren als Vierte knapp daran vorbeigeschwommen und bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro schon im Halbfinale ausgeschieden war - jeweils als Medaillenkandidatin.
Zum ganz großen Coup fehlten in Budapest nur 13 Hundertstelsekunden, ihr starker Schlusspurt reichte nicht ganz, um die spanische Olympiasiegerin Mireia Belmonte noch abzufangen. "Wenn das Becken länger wäre, hätte sie gewonnen", sagte ihr Heimtrainer Bernd Berkhahn: "Sie hätte ein bisschen früher anfangen können."
Doch auch beim Magdeburger Coach überwog die Freude, obwohl er seinem Schützling kaum gratulieren konnte. Weil er nicht zum WM-Team von Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz gehört, durfte er nach dem langersehnten Erfolg nur kurz am Ausschwimmbecken mit Hentke reden.
Und dann ein Eis
Der Kontakt am Beckenrand ist untersagt, beide trafen sich meist auf der Tribüne oder schickten sich Nachrichten auf ihre Handys. Als Hentke nach dem Rennen in der Interviewzone einen Dank an ihren Heimtrainer schickte, schossen ihr die Tränen in die Augen.
Dass Hentke in 2:05,39 Minuten auf der großen Bühne nur 13 Hundertstel über ihrem deutschen Rekord blieb, macht Berkhahn Hoffnung für Tokio 2020. "Ich denke, dass es jetzt läuft. Sie muss jede Sache zweimal machen, damit es sitzt, das gilt auch für Olympia", sagte Berkhahn. Wenn sie noch früher mit ihrem starken Finish beginne, "sind auch noch andere Zeiten möglich".
Auch Hentke selbst, die als extrem trainingsfleißig und ehrgeizig gilt, denkt schon an die Sommerspiele in drei Jahren. "Endlich konnte ich bei einem Topevent meine Leistung abrufen, das ist gut zu wissen für Tokio", sagte sie, "ich Freude mich auf die nächsten Jahre."
Doch zunächst genoss sie die Gegenwart und den Lohn für ihre Mühen. Bei der Siegerehrung hatte sie "eine Gänsehaut", danach wollte sie sich etwas gönnen, "auf das ich mich schon lange Freude" - "ein Eis", wie ihr Trainer lachend verriet.
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