Briggs, Ali, Tyson: Pöbeln hat Tradition

 Shannon Briggs legt vor dem Klitschko-Kampf einen Rüpelauftritt hin. Das haben vor ihm schon Box-Größen wie Mike Tyson und Muhammad Ali getan.
von  Matthias Kerber

Shannon Briggs legt vor dem Klitschko-Kampf einen Rüpelauftritt hin. Das haben vor ihm schon Box-Größen wie Mike Tyson und Muhammad Ali getan

Oberhausen - Schreien, pöbeln, ausrasten, drohen: Das Einmaleins des Box-Ballyhoos. Einer, der das perfektioniert hat, ist Ex-Champ Shannon Briggs. Der 42-Jährige ist der letzte US-Schwergewichtsweltmeister (2006). Bei der Pressekonferenz für den WM-Kampf zwischen Wladimir Klitschko und Alex Leapai, die am Samstag (22.10 Uhr, RTL) in Oberhausen aufeinandertreffen, beleidigte er Klitschko („du bist kein Champ, du bist ein Nichts“), bewarf ihn mit seinem T-Shirt.

Briggs, der Klitschko bereits vor ein paar Wochen in Miami mit einem Schuh beworfen hatte (und dabei immer eine Kamera dabei hat), versucht so an einen letzten großen Zahltag zu kommen. Wladimirs Bruder Vitali hatte 2010 die Karriere von Briggs brutal beendet. So brutal, dass Briggs mit Verdacht auf Hirnblutung im Krankenhaus lag. Jetzt hat er 60 Kilo abtrainiert und zwei Kämpfe in acht Tagen gegen Box-Nobodies bestritten, die er nach wenigen Sekunden ausknockte. „Ich bin der wahre Champ, kämpfe gegen mich“, sagte der König der Selbstvermarktung. Die Strategie könnte aufgehen, Klitschko meinte: „Mit welcher Hand soll ich dich ausknocken? Du hast die Wahl: Rechts oder links?“


Schlechtes Benehmen gehört im Boxen seit langem zum guten Ton. Berühmt-berüchtigt für sein Großmaul war Muhammad Ali. Vor seinem ersten WM-Kampf 1964 gegen Sonny Liston, dem vielleicht gefürchtetsten Boxer aller Zeiten, trieb Ali, der damals noch Cassius Clay hieß, es auf die Spitze. Er fuhr vor dem Fight nachts mit einem Bus an Listons Haus vorbei, brüllte Beleidigungen („hässlicher Bär“) durchs Megaphon, verfasste Spottgedichte, Clay verfolgte Liston in die Casinos in Las Vegas. Von den Provokationen genervt, verpasste Liston ihm eine Ohrfeige. Beim Wiegen vor dem Kampf rastetet Clay vollkommen aus, so, dass ihn alle für verrückt hielten. Es zahlte sich aus, Liston gab nach der sechsten Runde gegen Ali verletzt auf.


Auch gegen Joe Frazier, der Ali Geld zugesteckt hatte, als der wegen der Weigerung in den Vietnam-Krieg zu ziehen gesperrt war, pöbelte Ali rum. Er diffamierte ihn als „Onkel Tom“, als „ignoranten Gorilla“, der „zu hässlich“ sei, um Weltmeister zu sein. Die beiden lieferten sich drei der größten Boxkämpfe der Historie. Freunde wurden sie nie mehr. Frazier vergab Ali erst kurz vor seinem Tod im Jahre 2011.


Während bei Ali immer ein Schuss Ironie und Humor bei aller Theatralik dabei war, lebte Mike Tyson, der selbsternannt „böseste Mensch auf dem Planeten“ von seiner animalischen Ausstrahlung. Bei der Pressekonferenz vor seinem Fight gegen Lennox Lewis ging er auf diesen und dessen Entourage prügelnd los, als er ausrutschte, biss er Lewis ins Bein. Danach brüllte er die Zuhörer an: „Ihr Schwuchteln, ich werd’ es euch besorgen, bis ihr mich liebt. Du feiges Bleichgesicht, in meiner Welt überlebst du nicht eine Minute.“


In Tysons Bad-Boy-Tradition gefällt sich auch Englands Skandalboxer Dereck Chisora. Beim WM-Fight in München gegen Vitali Klitschko ohrfeigte er den Champ beim Wiegen. Vor dem Fight spuckte er Wladimir ins Gesicht, nach seiner Niederlage prügelte er sich mit seinem britischen Großmaulkollegen David Haye bei der Pressekonferenz. „In meiner Welt klärt man Dinge so.“
Boxrüpel der Marke Briggs & Co zerstören das Image des Gentleman-Sports, aber nur mit den Henry Maskes dieser Welt wäre der archaischste Sport der Welt auch nicht authentisch

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