Box-Queen Regina Halmich: Der kühlere Kopf gewinnt

Der Megakampf im Frauenboxen zwischen der Deutschen Christina Hammer und US-Superstar Claressa Shields steht an. In der AZ spricht Box-Queen Regina Halmich über das Duell.
Matthias Kerber |
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Ikone des deutschen Frauenboxens: Regina Halmich
obs/Clinic im Centrum/Claudio di Lucia Ikone des deutschen Frauenboxens: Regina Halmich

München - Regina Halmich war Deutschlands Box-Queen, sie war von 1995 bis zu ihrem Rücktritt 2007 Weltmeisterin im Fliegengewicht. Im AZ-Interview spricht die 42-Jährige über den heiß ersehnten Fight ihrer Nachfolgerinnen Christina Hammer und Claressa Shields.

AZ: Frau Halmich, am Samstag steigt in Atlantic City der Megakampf bei den Frauen zwischen der deutschen Weltmeisterin Christina Hammer und US-Superstar Claressa Shields. Was erwarten Sie, die ehemalige Box-Queen, von diesem Kräftemessen zwischen der "Lady" und "T.Rex"?
REGINA HALMICH: Es ist der Kampf der Kämpfe im Frauenboxen, da gibt es keine zwei Meinungen. Das erste Mal überhaupt geht es jetzt um die Titel der vier großen Verbände, die waren zu meiner aktiven Zeit gar nicht richtig im Frauenboxen aktiv. Dieser Fight kommt auch zum richtigen Zeitpunkt, beide Boxerinnen sind auf dem Höhepunkt ihres Könnens, wobei Shields mit ihren 24 Jahren sicher noch Potenzial hat, dass sie nicht abgerufen hat. Aber das ist ein Kampf, den jeder, dem Frauenboxen am Herzen liegt, sehen will. Es ist mit der größte Fight, der jemals bei den Frauen ausgetragen wurde.

Wie kann Hammer diesen "T. Rex" stoppen?
Schwierig, Claressa wird von der ersten Sekunde an großen Druck machen. Ich habe sie schon live im Ring erlebt und gesehen, was sie an Schlagkraft und Explosivität mitbringt, das gibt es in dieser Kombination wohl kein zweites Mal. Christina muss mit einem guten Plan in den Kampf gehen, den auch durchziehen – und nicht beim ersten Treffer alles über den Haufen werfen. Sie ist erfahren, kann wirklich boxen. Sie muss sich Shields vom Leib halten, mit langen Händen arbeiten, aus der Rückwärtsbewegung kontern und so Shields, die es gewohnt ist, durch ihre Gegnerinnen durchzumarschieren, frustrieren. Wenn ihr das gelingt und sie die Nerven behält, kann sie es schaffen. Für beide ist der Druck enorm, es wird auch eine Nervenschlacht. Ich sehe es so: Wer den kühleren Kopf behält, wird gewinnen.

Claressa Shields hat eine verstörende Lebensgeschichte

Das ist ein ganz anderes Duell als der Fight zwischen Shields und der Augsburgerin Nikki Adler, die in dem Fight vor einem Jahr nicht den Hauch einer Chance hatte.
Das sind Box-Welten dazwischen. Ich mag Nikki, aber mit Shields kann sie sich nicht messen, das hatte ich schon vor dem Kampf gesagt. Nikki war danach zwar böse, dass ich es gesagt habe, aber das war nie ein Angriff auf sie persönlich, sondern nur eine fachliche Analyse. Dass Nikki Weltmeisterin einiger Verbände war, ist ja nicht ihre Schuld, sagt nur einiges aus über die Relevanz, die manche Verbände noch haben.

Die Lebensgeschichte von Shields ist verstörend. Sie ist in bitterer Armut aufgewachsen, der Vater saß als Dealer im Gefängnis, die Mutter war Alkoholikerin, vernachlässigte die Kinder, Shields wurde als Teenagerin von einem "Freund der Familie" vergewaltigt.
Ja, ihre härtesten Kämpfe hat Claressa nicht im Ring führen müssen, diese Härte merkt man ihr auch an, die Slums haben sie sehr tough gemacht. Wer das alles durchsteht, den haut im Leben und im Ring nicht mehr so schnell was um. Ihr Leben ist der Stoff für einen Hollywood-Film. Sie ist ein echter Rocky, ein Underdog, der sich nach oben geboxt hat. Ich habe allergrößten Respekt davor.

Wie wichtig ist so ein Kampf für das Frauenboxen an sich? Gerade in Deutschland ist der Sport nach Ihrem Rücktritt schnell wieder in der Versenkung verschwunden.
Also, wir in Deutschland müssen uns fast schämen, wie wenig Aufmerksamkeit so ein Megakampf hier bekommt. Wenn man das mit dem Rest der Welt vergleicht, findet er bei uns fast gar nicht statt. Das ist schade. Vielleicht ändert sich das nach diesem Kampf wieder, mal sehen. Aber man muss zugeben, wer wirklich gute Kämpfe sehen will, der muss auf internationale Fights ausweichen, dort gibt es richtig gute Paarungen und Kämpfe. Wenn ich dafür ein paar Euro ausgeben muss, um die zu sehen, ist mir das lieber als irgendwelche Frauenkämpfe in Deutschland, die keine echte sportliche Relevanz haben.

Halmich: Bei Hammer stimmt das Gesamtpaket

Kann Hammer eine Art Halmich-Euphorie generieren?
Da wird vieles davon abhängen, wie der Kampf gegen Shields läuft. Ganz grundsätzlich muss man sagen, dass bei Christina das Gesamtpaket stimmt. Sie bringt sportliche Topleistungen, weiß sich aber auch in der Öffentlichkeit zu bewegen, sie ist charmant, sieht gut aus, hat einen gewissen Sex-Appeal.

Ist es nicht schade, dass die Optik im Frauensport immer noch so eine Rolle spielt?
Klar, aber das ist gerade in Deutschland einfach so. Entweder bist du sportlich im Boxen erfolgreich, dann wollen die Leute, dass du so aussiehst, als ob dein Leben ein einziger Kampf war – oder du sollst so aussehen, dass keiner glaubt, dass du in den Ring steigst.

Ihre Autogrammpost spiegelt das auch wider.
Ich bekomme jeden Tag mehr Fotos von meinen Playboy-Shootings zum Signieren geschickt, als von meiner Zeit als Boxerin. Ich habe akzeptiert, dass für viele Menschen die Nacktfotos denkwürdiger sind als meine Kämpfe. Es hat aber sein Gutes: Auf den Bildern werde ich nie älter, der Busen bleibt straff und da wo man ihn haben will, daher ist das für mich schon okay so. (lacht)

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