„Bogner wird den Münchnern fehlen“

Der IOC-Insider über die Auswirkungen des Rücktritts und Witt als neuen Beckenbauer
AZ: Herr Kasper, Sie haben schon gehört vom Rücktritt von Willy Bogner, oder?
GIAN-FRANCO KASPER: Natürlich, das spricht sich schnell herum.
Welche Wirkung hinterlässt so ein Personalwechsel an der Spitze eines OlympiaKandidaten beim IOC?
Die gesundheitlichen Gründe sind für jedermann verständlich, darum sehe ich durch den Rücktritt selbst kein Problem. Eine Schwierigkeit aber ist, dass Willy Bogner der Münchner Kandidatur fehlen wird. Er war das Gesicht der Bewerbung.
Hat er international einen guten Job gemacht?
Ja. Ich muss dazu sagen, ich bin seit vielen Jahren mit ihm befreundet, von daher bin ich vielleicht nicht ganz objektiv. Aber was ich von den Kollegen im IOC gehört habe, hat er das sehr professionell gemacht. Seine Art, auf die Menschen zuzugehen, kam gut an, seine Kontaktaufnahme war sehr diskret und angenehm.
Mit Katarina Witt an der Spitze hat die Bewerbung nun aber auch eine Persönlichkeit von Weltruf.
Ja sicher, Katarina Witt ist äußerst charmant, aber es braucht daneben auch die Techniker, die Arbeiter. Die Leute, die über Details Auskunft geben können, die sich mit den Zahlen und den Fakten auskennen, den wirtschaftlichen Komponenten. Ich hoffe, da haben sie in München die richtigen Leute. Es ist wie bei der Fußball-WM 2006, da hatte man den Beckenbauer als Gesicht nach außen und im Hintergrund die Detailkenner. Ohne die geht es nicht.
Wie bewertet das IOC derzeit den Dauerstreit in Garmisch?
Ich glaube, man wird sich mit dem US-Golfplatz schon noch einig, da gibt es sicher eine Lösung. Meine Erfahrungen in Garmisch waren sehr gut. Wir waren ja auch immer wieder dort, wegen der Ski-WM im kommenden Februar, alle Gespräche wegen der Grundstücke sind gut und sachlich verlaufen.
Wie sehen Sie denn dann die Münchner Chancen derzeit?
Weiterhin sehr gut. München und Garmisch plus Königssee, das entspricht ziemlich genau dem, was sich das IOC vorstellt. Die Südkoreaner in Pyeongchang haben natürlich auch schon alles gebaut, Schanzen, Strecken, Stadien für Biathlon und Langlauf, da ist alles sehr weit fortgeschritten. Aber es sind noch zehn Monate hin. Und da kann noch viel passieren, man kann noch viele Fehler machen und es gibt auch äußere Einflüsse, für die keiner etwas kann.
Was meinen Sie?
Lassen Sie nur kurz vor der Entscheidung die Nordkoreaner mal wieder angreifen, dann wird Südkorea auch Schwierigkeiten haben. Oder denken Sie an den schrecklichen Terroranschlag von London, im Juli 2005 mit 56 Toten. Am Tag nach der Vergabe für die Sommerspiele 2012. Wäre der Anschlag 24 Stunden früher passiert, London hätte die Spiele nie bekommen. Nein, die Entscheidung wird erst im allerletzten Moment fallen. Wie immer.
Interview: Florian Kinast