Bodmer & Schmitt: Die Keks-Connection

Hier Martin Schmitt (31), der kriselnde Routinier, dort Pascal Bodmer (18), das erstaunliche Talent: Die AZ erklärt, was die deutschen Hoffnungsträger dieser Tournee unterscheidet – und was sie eint.
von  Abendzeitung

Hier Martin Schmitt (31), der kriselnde Routinier, dort Pascal Bodmer (18), das erstaunliche Talent: Die AZ erklärt, was die deutschen Hoffnungsträger dieser Tournee unterscheidet – und was sie eint.

OBERSTDORF So langsam hatte Martin Schmitt den Überblick verloren. Kein Wunder, nach so vielen Jahren. Es ging um die Frage, die wie vielte Tournee das nun eigentlich für ihn sei, worauf Schmitt meinte: „Ich denke, das 14. Mal. Oder?“ Schmitt stockte, rechnete noch einmal nach und bestätigte erleichtert: „Ja, das 14. Mal.“ Dem jungen Mann zu seiner Rechten fiel die Addition seiner Tournee-Teilnahmen da schon leichter. Der feierte ja auch erst vor einem Jahr sein Debüt. Pascal Bodmer, das 18-jährige Talent.

Es gibt viel, das die beiden unterscheidet. Die 13 Jahre im Alter etwa. Oder die 28 Weltcup-Siege, vier WM-Titel und die olympische Goldmedaille bei Schmitt gegenüber dem einen Deutschen Meistertitel bei Bodmer. Oder die lila Mütze bei Schmitt mit der Schokofirma, die ihm viele Werbemillionen in den letzten zehn Jahren gebracht hat, während Bodmer noch brav das orangefarbene Stirnband des Verbandssponsors trägt.

Und doch gibt es so viele Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel die Quote bei einem österreichischen Buchmacher. 810 Euro für einen Zehner Einsatz gibt es jeweils bei einem Tournee-Gesamtsieg von Bodmer oder Schmitt.

Im Wettbüro liegen sie gleichauf. In den Betten nebeneinander. Schmitt und Bodmer, die beiden Zimmergenossen. Aber was sagen sie selbst über den anderen, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede, und was sagt das Umfeld? Die AZ hörte sich um.

BODMER ÜBER SCHMITT

Früher, im Ski-Internat in Furtwangen, hatte der Bub von der Schwäbischen Alb Poster von Martin Schmitt an der Wand hängen, jetzt hat er sein Vorbild leibhaftig neben sich. „Das ist natürlich ein Traum“, sagt er. „Ich kann extrem viel von ihm lernen, gerade so im Umgang mit den Medien. Der Martin ist da so ruhig, für mich ist das noch bissl arg neu und aufregend. Da kann man schon fragen, wie er damit umgegangen ist.“ Manchmal würden sie sich aber auch gegenseitig weiterbringen, sagt Bodmer. Bei den ganz entscheidenden Dingen des Lebens in den vergangenen Wochen etwa. „Bei den Rezepten für die Weihnachtskekse“, sagt Bodmer, „da haben wir uns viel ausgetauscht und geholfen.“ Reicht es für einen Platz ganz oben? Für Plätzchen reicht es allemal.

SCHMITT ÜBER BODMER

Von der Harmonie im Zimmer spricht Schmitt, nicht nur weil beide Langschläfer sind und ihnen in Oberstdorf die späte Startzeit 16.30 Uhr behagt. „Pascal hat mir gezeigt, wie schnell es im Skisprung wieder nach oben gehen kann“, sagt Schmitt, der nach den erfolgreichen Anfangsjahren zuletzt meist nur noch hinterhersprang. „Und dass es manchmal keinen Sinn macht, sich ewig den Kopf zu zerbrechen, sondern einfach mal ins Bett zu gehen.“

Wenn's nicht läuft, dann gute Nacht.

DER TRAINER ÜBER BEIDE

Werner Schuster nimmt da den Vergleich von zwei alten Ehepartnern. „Wenn man 30 Jahre verheiratet ist, nützen sich viele Dinge ab“, sagt der Bundestrainer. Damit will er sagen, dass es langsam recht eingefahren wurde bei den Routiniers Martin Schmitt, Michael Uhrmann, Michael Neumayer, die alle schon ewig beieinander sind und inzwischen schon in der Ü30-Liga springen. Und da ist ein Teenager, der im Weltcup mittlerweile bester Deutscher ist, nicht verkehrt. „Der Pascal muss sich zwar auch erst hochdienen“, sagt Schuster, „aber so ein frischer Anstrich mit jugendlicher Unbekümmertheit kann den alten Springern nur gut tun.“ Seine Hoffnung ruht auf beiden, Schmitt und Bodmer. „Gerade in Oberstdorf bei der Tournee werden Emotionen frei, ich hoffe, die Burschen lassen sich von der Stimmung inspirieren.“

DER EXPERTE ÜBER BEIDE

„Martin und Pascal sind ganz ruhige Typen, aber auf der Schanze können sie explodieren“, sagt Dieter Thoma, Olympiasieger, Weltmeister und vor 20 Jahren Tournee-Gesamtsieger. „Ansonsten ist ein Vergleich schwer, jeder geht einfach seinen eigenen Weg. Wichtig ist, dass noch mehr wie der Pascal nachkommen, gerade, wenn viele der erfahrenen Springer in ein oder zwei Jahren aufhören.“ Noch mehr Bodmers braucht das Land.

Erst einmal hoffen die Zimmergenossen aber auf olympische Ehren, im Februar in Vancouver, auch wenn die Vorzeichen schlecht sind: Auf der Großschanze beginnt der Wettkampf um 11.30 Uhr Ortszeit, auf der Kleinschanze um 9.45 Uhr. Nichts für Langschläfer. Trotzdem wollen sie eine Medaille, Bodmer bei seinen ersten und Schmitt bei seinen wohl letzten Spielen. Egal, ob Gold, Silber oder Bronze. Bloß kein Blech. Ein Blech können sie erst im nächsten Dezember wieder brauchen. Zum Keksebacken.

Florian Kinast

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