BMW Oracle: Beflügelt in die Seeschlacht

Ein 57 Meter hohes High-Tech-Segel soll BMW Oracle beim America’s Cup zum Sieg führen. Sogar ein Motor ist diesmal mit an Bord.Dafür müssen zehn Kraftprotze das Boot verlassen.
von  Abendzeitung
„Wir sind schon bis zu 40 Knoten gefahren“: Der gewaltige BMW-Oracle-Trimaran fährt schon bei leichten Winden auf nur einer Kufe.
„Wir sind schon bis zu 40 Knoten gefahren“: Der gewaltige BMW-Oracle-Trimaran fährt schon bei leichten Winden auf nur einer Kufe. © Thomas Gaulke

Ein 57 Meter hohes High-Tech-Segel soll BMW Oracle beim America’s Cup zum Sieg führen. Sogar ein Motor ist diesmal mit an Bord.Dafür müssen zehn Kraftprotze das Boot verlassen.

Er braucht einen halben Tag, bis er steht. Er ist größer als alles, was an Flugzeugen hängt. Und er ist ein Monster, das seinen Meistern Respekt einjagt. Der Flügel, „The Wing“, mit dem BMW Oracle in knapp zwei Monaten den America’s Cup, die Krone des Segelsports, erobern will – oder das, was davon noch übrig ist.

„Der Flügel ist die größte Veränderung im Segelsport“, sagt Russell Coutts, und Ehrfurcht ist sonst nicht die hervorstechende Eigenschaft des dreimaligen America’s-Cup-Gewinners. Doch was der Neuseeländer und sein Team in der Münchner BMW-Welt vorstellen, ist ein Quantensprung. Wie der Übergang vom Fahrrad zum Moped sozusagen. Und ein Motor spielt tatsächlich eine Rolle, aber dazu später.

Coutts und die Ingenieure um den Design Coordinator Ian Burns erklären „The Wing“. 57 Meter hoch, und damit 13,5 Meter länger als die Tragfläche eines Airbus 380. Flugingenieure haben ihn gebaut, in der Länge ist er einmal geteilt, quer neunmal. „Die Segmente lassen sich präzise steuern“, sagt Burns. Das ist der feuchte Traum einen jeden Seglers – „unmöglich mit normalen Segeln“.

Um Punkte hinterm Komma wirkten sich technische Neuerungen bislang früher aus: „Aber der Flügel bringt bis zu 20 Prozent“, sagt Coutts. Konkret: „Wir sind schon bis zu 40 Knoten gefahren.“ Fast 80 km/h sind das, auf einer 27 Meter langen Kufe. Der Flügel steht auf einer Dreirumpfkonstruktion, selbst bei leichten Winden heben sich zwei der Rümpfe des Trimarans aus dem Wasser: „Ein irres Gefühl“, beschreibt Coutts die Fahrt auf dem Ungetüm: 30 Meter lang, 27 Meter breit, natürlich aus Carbon für 1200 Euro das Kilogramm.

Unmöglich ist nichts mehr im Segelsport, vor allem, wenn man jemanden wie Larry Ellison und seine Geldkoffer im Hintergrund hat. Der Oracle-Boss ist 65, Multimilliardär, segelverrückt und durchaus zur Unvernunft fähig. Vor allem, wenn es um den America’s Cup geht, den er 2007 schon nicht gewinnen konnte. „Alinghi“ aus der Schweiz, ausgerechnet, siegte damals vor Valencia, der Stachel der misslungenen Herausforderung sitzt tief in Ellisons amerikanischem Ego.

Kein Tag verging seither, an dem sich Ellison und „Alinghi“-Eigner Ernesto Bertarelli nicht bekämpften. Eine beispiellose Juristenschlacht sorgte dafür, dass sich viele Segelfans mit Grausen abwandten. Doch jetzt, ab 8. Februar, soll es endlich weitergehen. Es ist eine Entscheidungsschlacht der Giganten.

„Nur eine Regel“ – darauf einigten sich die kampflustigen Krösusse. Das schnellste Boot soll gewinnen. Wie der „Alinghi“-Katamaran und das Flügelmonster von BMW-Oracle in den Wellen vor Valencia reagieren, bleibt spannend. „Die Gesetze der Physik gelten noch“, sagt Coutts. Aber Tabus, die gibt’s nicht mehr.

„Wir haben sogar einen Motor“, sagt Coutts, und er muss stolz klingen hier in den Hallen von BMW. Ein 110-PS-Diesel läuft während der Fahrt, er bedient die Winschen, mit denen die Leinen der Segel gespannt werden. Das heißt: Die Segelregatta könnte die erste sein, die durch Motorschaden entschieden wird. „Ohne Motor geht nichts“, sagt Coutts „wie bei BMW.“

„Um ehrlich zu sein“, sagt der Skipper, „mir waren die Jungs an den Kurbeln lieber.“ 17 Mann waren 2007 noch an Bord, darunter Kugelstoßertypen an den Winschen. Jetzt tut’s die Maschine, sieben Mann sind noch an Bord. Die Kugelstoßer sind wegrationalisiert. Sage keiner, Milliardäre könnten nicht sparen.

„Mehr als 100 Millionen dürfen wir nicht ausgeben“, sagt BMW-Oracle-Sprecher Tom Ehman. „Da passt Ellison genau auf.“ Und das Engagement von BMW? „Über Vertragsdetails reden wir nicht“, heißt es im Konzern. Es sei weniger geworden als 2007.

Matthias Maus

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