BMW-Krise: Theissen spürt Druck von oben

MONTE CARLO - Erneut keine Punkte für den Münchner Formel-1-Rennstall. Robert Kubica meckert, Nick Heidfeld steht vorm Aus. Und der Chef wirkt ratlos.
Robert Kubica schüttelte nicht mal mehr den Kopf, als die Mechaniker seinen BMW nach nur 30 Runden in die Box schoben. Kubica wollte seine Energie nicht aufs Ärgern verschwenden. Nutzt ja nichts. Sein Auto ist einfach schlecht. „Das ist die Realität“, sagte Kubica bereits am Samstag, als ihm und seinem Teamkollegen Nick Heidfeld in der Qualifikation rund eineinhalb Sekunden auf die Spitze gefehlt hatten – auf der kürzesten Strecke im gesamten Formel-1-Zirkus.
Ausgerechnet beim Höhepunkt des gesamten Jahres, bei der Vollgashatz durch das enge Leitplankengewirr des Fürstentums, wo Jenson Button erneut gewinnen konnte (siehe unten), erlebte BMW sein Waterloo: In Monaco erlitten die Münchner den Tiefpunkt einer ohnehin schon verkorksten Saison.
Theissen: "Uns hat das Tempo gefehlt"
„Uns hat das ganze Wochenende das Tempo gefehlt“, gab Motorsportdirektor Mario Theissen zu, „unser Auto war hier zu keinem Zeitpunkt in der Lage, um die vorderen Plätze mitzufahren.“ Tatsächlich waren Kubica und Nick Heidfeld nicht mal in der Nähe der Punkteränge. Heidfeld kam immerhin durch, wurde nach zwei leichteren und unverschuldeten Kollisionen mit Lewis Hamilton und Adrian Sutil am Ende Elfter.
Erneut null Punkte für einen Rennstall, der Weltmeister werden wollte. Kubica, der letztes Jahr noch bis zum vorletzten Rennen die Chance auf den Titel hatte, erträgt das seltsam gelassen. Am Samstagabend saß er bis elf Uhr abends noch gut gelaunt beim Italiener in Fontvielle beim Essen. Als ob er zu wissen schien, dass er wieder nicht zum Racen kommen würde. „Wir mussten nach den letzten Rennen damit rechnen. Ich habe ganz bestimmt kein Problem. Im Gegensatz zum Auto“, sagte er. Am Sonntag wunderte er sich sogar noch, dass er nach seinem ersten Boxenstopp mit dem schwer betankten Auto gute Rundenzeiten fahren konnte – „wenn man das Potenzial des Autos berücksichtigt“, fügte Kubica hinzu. Das war Sarkasmus.
Theissen dagegen versuchte zumindest tapfer, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. „Im Spitzensport gibt es immer Wellenbewegungen“, sagte er, „nach drei Jahren kontinuierlichen Aufschwungs ist das unser erster Rückschlag. Den müssen wir verkraften, und das werden wir auch schaffen.“ Das sei das Schöne am Ingenieursein, meinte der promovierte Maschinenbauer noch: „Ich bin ein optimistischer Mensch. Vor allem aber weiß ich, dass wir Ingenieure Dinge immer verbessern können.“ Theissen kündigte an, das Entwicklungstempo nun „erheblich zu steigern“.
Rätselraten bei BMW: Ich weiß noch nicht, ob wir ein mechanisches oder aerodynamisches Problem haben“
Theissens Problem dabei: „Ich weiß noch nicht, ob wir ein mechanisches oder aerodynamisches Problem haben.“ Er tappt im Dunkeln. Und das ausgerechnet in der größten Krise des Rennstalls. „Du kannst so ein schlechtes Auto nicht über Nacht verbessern“, sagte Formel-1-Legende Niki Lauda, „der Theissen stellt sich, er macht das gut. Er muss alles verantworten.“
Das weiß Theissen natürlich, zumal das Werk vom Formel-1-Betrieb gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mehr erwartet als Ausfälle und letzte Plätze. „Druck vom Vorstand ist sicher da“, gab Theissen bei RTL zu.
Ohnehin sind längst Personaldiskussionen bei BMW entbrannt. Nick Heidfelds auslaufender Vertrag wird nach dieser Saison kaum verlängert. Und welcher Spitzenfahrer wird zu BMW wechseln wollen, wenn sie nicht von den letzten Plätzen wegkommen? Favorit auf Heidfelds Job ist Nico Rosberg, an dem aber auch McLaren-Mercedes interessiert sein soll. Ob Robert Kubica noch Lust hat auf BMW, ist auch fraglich. In Monaco wich er einer klaren Antwort dazu aus: „Ich weiß doch noch nicht mal, welche Rennställe nächstes Jahr noch dabei sind. Darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken.“
Das Auto besser machen müssen ja wirklich andere.
Filippo Cataldo