In Langlauf und Biathlon galten sie bislang als Vorzeigefiguren, nun erleben Evi Sachenbacher und Magdalena Neuner ihre jeweils größte Krise
PYEONGCHANG/LIBEREC Eine hatte es am Sonntag wenigstens schon hinter sich. Für Magdalena Neuner ging in Pyeongchang die Biathlon-WM zu Ende – mit Platz sieben im Massenstart beim Sieg der Russin Olga Saizewa genauso frustrierend wie die anderen Rennen zuvor. Aber wenigstens war es vorbei. „Hier muss ich nicht mehr herfahren“, klagte Neuner angesichts der trostlosen Stimmung, während sich Langläuferin Evi Sachenbacher knapp 8000 Kilometer weiter westlich noch eine Woche weiter durchquälen muss, bei der Nordischen WM in Liberec, wo sie am Samstag im Jagdrennen Zehnte wurde. Mit 1:39 Minuten Rückstand auf Siegerin Justyna Kowalczyk (Polen): „Die Weltspitze ist in einer anderen Liga“, so Sachenbacher.
Neuner (22) und Sachenbacher (28). Zwei Stars auf Langlauf-Skiern, die eine mit Gewehr, die andere ohne. Zwei Strahlefrauen, denen das Lachen derzeit vergeht, sonnige Gemüter, bei denen es sich eintrübt. Zwei Blondinen aus Oberbayern, die in der Krise stecken. Ihr Leben und ihr Leiden, ihre Gemeinsamkeiten, ihre Unterschiede.
Die Triumphe:
Bei Sachenbacher lange her. Staffel-Gold und Einzel-Silber 2002 bei Olympia, 2003 bei der WM. Seither schwächelt sie. Neuner gewann 2007 und 2008 je dreimal WM-Gold. Nun blieb ihr gerade noch ein Staffel-Silber. Der erste Karriere-Knick.
Die Vermarktung:
Beide wurden schnell dankbare Werbe-Objekte. Sachenbachers Dauerlächeln ging zwar den spröderen Kolleginnen im Team mächtig auf die Nerven, sorgte aber für gute PR-Aufträge. So wie Neuner wurde sie das Vorzeigemodel ihrer Sportart. Sachenbacher bekam Sponsorenverträge für Mineralwasser, Neuner für Versicherungen, die Evi für Käse von glücklichen Kühen, die Lena für Wolle für glückliche Frauen. Und beide durften sie auch zu Gottschalk. Bei „Wetten dass...“ saß Sachenbacher mit Gerard Depardieu auf der Couch, Neuner mit Paris Hilton.
Die Trainer:
Unterschiedlich wie ein Vorschlaghammer und ein Kosmetikpinsel. Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle nutzt vor allem Großveranstaltungen zu verbalen Amokläufen, um mit der Sensibilität einer Dampfwalze die Frauen um Evi Sachenbacher platt zu machen. So war es bei der WM 2007 in Sapporo, so ist es jetzt in Liberec. Offenbar schmerzt ihn die Entmachtung noch immer, als der Verband Ismo Hämäläinen als Frauen-Trainer installierte. Nun maulte Behle über die Arbeit des Finnen, er will vor Olympia 2010 wieder mehr das Sagen haben bei den Frauen. Das will aber Sachenbacher nicht. Sie schaut wohl seit Jahren sehnsüchtig zu den Biathletinnen. Da haben die Frauen mit Uwe Müßiggang einen einfühlsamen Frauenversteher, der vom brachialen Herumpoltern so weit entfernt ist wie die meisten von Neuners Schüssen beim Stehendschießen am Ziel. Oberste Maxime ist für Müßiggang die Harmonie im Team. „Ich würde sofort aufhören“, sagte er einmal, „wenn ich merke, dass die Mädels mein Gesicht nicht mehr sehen können.“ Dann müsste Behle gleich einpacken.
Die Männer:
Von der „starken Schulter“ ihres Gatten schwärmte Sachenbacher einst in der „Bunten“. Nur kann sie sich daran im Winter nur selten anlehnen. Johannes Stehle war lange alpiner Abfahrer, bei den Rennen ist er selten dabei – anders als Björn Weisheit bei Neuner. Der 35-jährige Thüringer ist nicht nur der Freund sondern auch der Techniker, der ihre Ski wachst und präpariert.
Das Karriereende:
Absehbar. Bei beiden. Sachenbacher will noch Olympia und die WM 2011 mitnehmen. „Dann will ich entscheiden, wie es weitergeht“, sagt sie. „Meine Kinder sollen mich ja nicht als Oma sehen.“ Ursprünglich hatte sie ja geplant, vor Vancouver noch eine Babypause einzulegen. Das wird knapp. Mit Kindern und Familie will sich Neuner noch Zeit lassen, aber auch sie hat schon ein klares Ziel. 2015 wolle sie die Karriere beenden, sagte Neuner zur AZ. Mit 28. Bis dahin möchte sie noch viele Titel sammeln – aber nie mehr nach Korea fahren.
Florian Kinast