Black Power

Unterm Helm sind alle Menschen gleich – oder etwa doch nicht? Anthony Hamilton, der Vater des neuen Weltmeisters, spricht nach dem Titelgewinn von Rassismus in der Formel 1
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Der neue Dominator der Formel 1: Lewis Hamilton.
dpa Der neue Dominator der Formel 1: Lewis Hamilton.

Unterm Helm sind alle Menschen gleich – oder etwa doch nicht? Anthony Hamilton, der Vater des neuen Weltmeisters, spricht nach dem Titelgewinn von Rassismus in der Formel 1

MÜNCHEN Sogar die Regierung schritt ein: Kurz bevor Lewis Hamilton sich am Sonntag zum ersten farbigen Formel-1-Weltmeister krönte, rief der britische Sportminister Andy Burnham bei seinem spanischen Amtskollegen an. Auf einer spanischen Anti-Hamilton-Website hatten zahlreiche Idioten rassistische Kommentare über Hamilton veröffentlicht. Kurz vor dem Rennen nahmen die Betreiber die Website auf Druck der Behörden und des Automobilweltverbandes FIA vom Netz.

Lewis Hamilton selbst betont oft, dass er während seiner Rennfahrerkarriere nie Probleme gehabt hätte wegen seiner Hautfarbe. Unter dem Helm sind alle Menschen gleich. Rassistische Vorfälle gab es aber immer wieder. Etwa bei den Wintertestfahrten in Spanien, als Hamilton mit hässlichen Plakaten und Affen-Lauten begrüßt wurde. Hamilton hat das nicht sonderlich beeinträchtigt. Zumindest hat er es sich nicht anmerken lassen. Doch seinen Vater Anthony hat das ziemlich nachdenklich gemacht. „Ich habe manchmal gedacht, dass die Formel 1 vielleicht nicht der richtige Ort für meine Familie ist", sagte Hamilton Senior am Dienstag dem „Daily Express“. Und weiter: „Lewis habe ich das nie gesagt, aber manchmal fragt man sich, ob das die Sache wert ist, auch wenn die Formel 1 seit so langer Zeit unser Traum ist."

Die Formel 1, diese ganz eigene Welt, die sich noch immer gerne den Schein des Exklusiven gibt und die noch immer dominiert wird von weißen Europäern. Die Formel 1, die lange Zeit nur Japaner als Exoten tolerierte, weil die immerhin auch schnelle Motoren bauen können. Und so traurig das heute, nachdem die Amerikaner sogar einen Farbigen zum Präsidenten gewählt haben, auch klingt: In der Formel 1 ist der farbige Hamilton heute noch eine Sensation. Auch wegen seiner Hautfarbe. Und für manche ist der 23-Jährige auch ein Nestbeschmutzer.

So wie es Tiger Woods für den vielleicht noch elitäreren Golfsport war. So wie es einst Arthur Ashe und die Williams-Schwestern Serena und Venus im Tennis waren. Sie alle eroberten im Rekordtempo Sportarten, die bis heute eigentlich nur von Menschen aus der scheinbar richtigen Klasse, Schicht und mit, so sehen’s Idioten, der richtigen Hautfarbe betrieben werden. „Barack Obama, Lewis Hamilton und auch Tiger Woods kämpfen gegen Stereotypen und Vorurteile an“, sagt Diane Abbott, 1987 einst die erste farbige Frau im britischen Parlament. Und weiter: „Es gibt diese Idee, dass Schwarze viel Kraft und viel Ausdauer haben und Sportarten betreiben sollen, wo es darauf ankommt, schnell zu rennen. Und wer am schnellsten rennen kann, darf ein schwarzer Champion werden.“ Hamilton aber betreibe eine Sportart, die nicht in das Schema passe. Abbott: „Für die Formel 1 braucht es Hirn. Und das traut man Schwarzen nicht so richtig zu.“

Hamilton hat jetzt bewiesen, dass die Hautfarbe nicht darüber entscheidet, wie gut man Auto fahren kann. Genauso wie Woods wird ihn das zu einem der reichsten Sportler aller Zeiten machen. Nächstes Jahr kann er 100 Millionen Dollar verdienen. Aber er wird nun auch damit leben müssen, als Rollen-Model, als Vorbild für andere Farbigen herhalten zu müssen. Und das weiß er auch selbst: „Meine Hautfarbe ist insofern ein Vorteil, dass die Leute darüber sprechen. Es freut mich, wenn andere schwarze Kinder sehen, was ich zustande bringe, und mir nacheifern.“

Filippo Cataldo

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