Bernd Schneider: "In der DTM haben wir 24 Helden!"

DTM-Legende Schneider spricht über Champion Wittmann. "Spannung bis zur letzten Runde".
AZ: Herr Schneider, Sie waren selbst fünfmal DTM-Champion. Was sagen Sie zum Saisonfinale am Hockenheimring, bei dem sich Marco Wittmann zum zweiten Mal den Titel gesichert hat?
BERND SCHNEIDER: Ich fand es sehr spannend, es war richtig gut, dass die Meisterschaft bis zum letzten Rennen offen war. Marco Wittmann und Edoardo Mortara haben es geschafft, die Spannung bis zur letzten Runde hochzuhalten.
Ist Wittmann der verdiente Sieger?
Absolut. Er hat über die ganze Saison konstant seine Leistung gebracht, war immer ganz vorne mit dabei und immer mit der beste BMW-Fahrer. Er hat keine Fehler gemacht, deshalb ist er verdient Meister geworden. Neben der Konstanz ist seine größte Stärke, dass er berechenbar ist. Er lässt sich nicht zu irgendwelchen Aktionen hinreißen wie Mortara am Red-Bull-Ring, als er sich Respekt verschaffen wollte und dafür dann null Punkte kassiert hat. Ich glaube, sowas passiert einem Wittmann nicht.
Und der Titel hat für Sie auch keinen Makel, weil Wittmann bei BMW mit weniger Gewicht an den Start gehen durfte?
Man hat sich vor der Saison auf diesen kleinen Vorteil geeinigt, damit BMW wieder konkurrenzfähig ist. Die anderen BMWs waren nicht alle ganz vorne in der Gesamtwertung. Wittmann muss sich keine Gedanken darüber machen, ob der Titel gerecht war. Er war einfach der Beste!
In der Formel 1 ist der Teamkollege der einzige Gegner
Sie haben die Spannung angesprochen. Ist die Ausgeglichenheit zwischen den Fahrern der größte Vorteil gegenüber zum Beispiel der Formel 1?
In der Formel 1 hat jeder Fahrer nur einen Gegner, und das ist sein Teamkollege. In der DTM hat jeder Fahrer sieben Teamkollegen und, durch die Ausgeglichenheit der Marken, 23 Gegner, die er schlagen muss. Das macht es schon noch einen Tick schwerer da zu siegen, als wenn man in der Formel 1 im richtigen Auto sitzt.
Trotzdem hat Martin Tomczyk, der nach dieser Saison seine Karriere beendet, darüber geklagt, dass in der DTM immer mehr die Technik, nicht der Fahrer im Mittelpunkt steht.
In der Formel 1 steht die Technik viel mehr im Mittelpunkt. Wenn man dort nicht im richtigen Auto sitzt, fährt man das ganze Jahr komplett hinterher. In der DTM hat jemand, der in einem Rennen Letzter wird beim nächsten schon die Möglichkeit, ganz vorne zu stehen. Das hatten wir dieses Jahr ein paar Mal. Aber gerade das macht es der DTM schwieriger, Persönlichkeiten aufzubauen oder Helden zu kreieren, weil die Masse der Zuschauer einen Helden haben möchte. In der DTM haben wir 24 Helden, weil alle in der Lage sind zu gewinnen.
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Neben Tomczyk beendet mit Timo Scheider ein weiteres DTM-Urgestein die Karriere.
Timo ist außer mir der Einzige, der seinen Titel je verteidigt hat. Er hatte 2008 und 2009 einen unglaublichen Lauf und hat die DTM-Welt begeistert. Das hat auch mich damals fasziniert, wie er es geschafft hat, über zwei Jahre so konstant vorne dabei zu sein.
Und Tomczyk?
Martin kenne ich sehr lange. Er war immer für Überraschungen gut und hat immer ein paar Highlights pro Jahr gehabt. 2011, als er bei Phoenix im alten Audi Meister wurde, hatte er vielleicht die Technik ein bisschen auf seiner Seite, aber er hat allen gezeigt, dass er über eine ganze Saison konstant Höchstleistungen bringen kann – das hat manche überrascht. Bei BMW hat er mir ein bisschen Leid getan. Aber mir war es schon klar, dass es bei acht Fahrern auf diesem Niveau schwer werden würde.
Zum Abschluss noch die Frage nach Ihnen persönlich. Wie geht es Ihnen?
Mir geht’s gut. Ich bin dieses Jahr 15 Rennen gefahren, alleine fünf 24-Stunden-Rennen. Ich hab immer noch viel Spaß. Meine Haupttätigkeit ist aber die als AMG-Markenbotschafter (die High-Performance-Marke von Mercedes Benz, d. Red.), ich bin dort Instruktor in der Driving Academy und bin bei der Entwicklung von neuen Autos dabei, zum Beispiel beim neuen GTA.