Bericht belastet Riis - Doping im CSC-Team war bekannt

Knapp zwei Wochen vor dem Start der 102. Tour de France hat die dänische Anti-Doping-Agentur ADD ihren Bericht zum Doping im dänischen Radsport veröffentlicht. Der frühere CSC-Teammanager Bjarne Riis wird schwer belastet.
Kopenhagen - Bjarne Riis betrog als Radprofi, er log als Teammanager - und sagte auch bei seinem Dopinggeständnis vor acht Jahren nur die halbe Wahrheit. Der frühere Tour-de-France-Sieger ist in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der dänischen Anti-Doping-Agentur ADD sowie Dänemarks Sportverband DIF schwer belastet worden. Entgegen bisheriger Beteuerungen wusste Riis von Dopingvergehen in seinem CSC-Team, duldete diese stillschweigend und ordnete sie zum Teil sogar an. Zu diesem Schluss kommen die Ermittler nach knapp dreijähriger Arbeit.
Den Zeitpunkt der Veröffentlichung wählten ADD und DIF nicht ungeschickt, für die Tour-Organisatoren kommt er dagegen zur Unzeit. In knapp zwei Wochen beginnt die Frankreich-Rundfahrt (ab 4. Juli), der Radsport rückt traditionell in den Fokus. Dass im Bericht diverse noch immer im Profi-Zirkus tätige Personen genannt werden, wirft dabei ein denkbar schlechtes Licht.
Dem ehemaligen Teamchef Riis wird vor allem Verantwortungslosigkeit zur Last gelegt. "Riis hat nicht eingegriffen. Das ist inakzeptabel", sagte ADD-Chef Michael Ask. In 97 Seiten war die dunkle Vergangenheit im dänischen Radsport im Zeitraum von 1998 bis 2015 durchleuchtet worden. 50 Personen wurden befragt, darunter auch der geständige Dopingsünder Michael Rasmussen, der 2007 als Gesamtführender der Tour de France von seinem niederländischen Rabobank-Team ausgeschlossen worden war. Doch auch Teamoffizielle und elf aktive Fahrer wurden angehört.
Im Zentrum der Untersuchungen stehen die Verfehlungen im Team CSC, das 2008 im Spanier Carlos Sastre den Gewinner der Frankreich-Rundfahrt stellte und für das auch Jens Voigt (Grevesmühlen) lange fuhr. Voigt, der seine Karriere inzwischen beendet hat, bestreitet die Einnahme von Dopingmitteln. Aus der CSC-Mannschaft ist der heutige Rennstall Tinkoff-Saxo um Giro-Sieger Alberto Contador hervorgegangen.
Nach Analyse der Ermittler hat es bei CSC einen flächendeckenden Gebrauch von Kortison ohne medizinische Begründung gegeben. Riis soll zudem den Dänen Bo Hamburger aufgefordert haben, den als Zeugen gehörten deutschen Ex-Profi Jörg Jaksche mit Epo zu versorgen. Auch sei Riis bekannt gewesen, dass neben dem Amerikaner Tyler Hamilton weitere Fahrer mit unerlaubten Substanzen arbeiteten. Zudem hätten die Teamärzte, darunter der heutige Mediziner des Skandal-Teams Astana, Joost de Maeseneer, von den Machenschaften gewusst.
Im Fadenkreuz der Kritik stehen neben Riis, der sich wegen seines einst hohen Hämatokritwerts den Beinamen "Monsieur 60 Prozent" verdient hat, auch die früheren Verantwortlichen Johnny Weltz und Alex Pedersen. Weltz, heutiger Sportdirektor beim Team Cannondale-Garmin, soll im Jahr 2000 unter anderem für ein "Doping-Apartment" in Luxemburg verantwortlich gewesen sein, in dem sich dänische Top-Fahrer aus einem Kühlschrank mit Dopingmitteln wie Epo oder Wachstumshormonen versorgen konnten.
Alle Beschuldigten, darunter mehrere dänische Fahrer, bleiben aufgrund von verstrichenen Verjährungsfristen allerdings von Disziplinarverfahren verschont. Riis, Tour-de-France-Gewinner 1996 und beim Team Telekom einst Kollege von Jan Ullrich, hatte 2007 ein umfangreiches Dopinggeständnis abgelegt, ging dabei aber vor allem auf seine Karriere als Fahrer ein. Nach seiner aktiven Laufbahn baute er den Rennstall CSC auf, den er 2013 an Oleg Tinkow verkaufte.
Zu den im Report belasteten Fahrern zählt der Däne Nicki Sörensen, heute Sportdirektor bei Tinkoff-Saxo. Der 40-Jährige war der Veröffentlichung bereits am Montag mit einem Geständnis zuvorgekommen. "Ich habe gedopt. Es tut mir leid, und ich wünschte mir, ich hätte die Dinge anders gehandhabt", sagte er. Da seine Doping-Vergangenheit vor dem Jahr 2004 liegt, verzichtet Tinkoff-Saxo auf eine Trennung. Sörensen habe sich in den vergangenen zehn Jahren in Einklang mit der tief verwurzelten Anti-Doping-Kultur des Teams befunden, hieß es in einer Stellungnahme.